„Unser Projekt hat einen symbolischen Charakter und wir damit einen Grund, über dieses Thema, das uns am Herzen liegt, zu sprechen.“

Jean-Baptiste Gros, Co-Founder von There is a bee on the Roof


Ursprünglich wollten sich Jean-Baptiste und Paul Gros, Sebastian Domaingue, Thomas Canton und Benjamin Puech für eine gute Sache engagieren, als sie auf das Thema Bienensterben aufmerksam wurden. Ohne jegliche Ahnung vom Imkern, dafür aber mit ausgiebiger Recherche rund um alles, was mit der Imkerei zu tun hatte, nahmen sie sich vor, dass ihr Engagement in diese Richtung gehen sollte. Das Konzept: Bienenstöcke auf den Dächern Hamburgs aufstellen und daraus ein nicht nur für die Umwelt wichtiges, sondern auch regional förderndes Projekt zu starten, das wieder den heimischen Honig in den Mittelpunkt rücken sollte. Wir haben von Jean-Baptist mehr über dieses tolle Projekt er fahren.


Lieber Jean-Baptiste, wer von euch hatte die Idee?

Das war Thomas. Er bekam eines Tages Besuch von dem Cousin seines ehemaligen Mitbewohners, der selbst Imker in den Alpen ist und hörte ihm zu, wie er mit voller Begeisterung über sein Hobby erzählt hatte. Thomas entschloss sich anschließend uns von seiner Idee zu erzählen. Der Rest ist Geschichte.


Wieviel Kenntnis über die Imkerei hattet ihr zu Beginn?

Null Ahnung. Keiner von uns hatte jemals geimkert. Wir haben uns in einem Imkerverein angemeldet und ganz viel Bienenliteratur gelesen, viele Videos geschaut und als Cherry on the Cake, waren wir ein paar Tage bei dem erwähnten Imkercousin, der uns die Basics gezeigt hat. Der Rest kam über Learning by Doing. Das hat uns allerdings viele Stiche gekostet.


 



Als 5-er Gründerteam spielen auch sehr viele Meinungen und Sichtweisen eine Rolle. Seid ihr euch immer einig?

Auf keinen Fall, aber so muss es sein. Ich halte es eigentlich für sehr gesund, dass viel debattiert wird. So bekommt man, meiner Meinung nach, die besten Ideen. Wichtig ist, dass jede Meinung ernst genommen wird, dass man eine Art Brain Synergie schafft. Übrigens, von den fünf Gründern sind nur noch drei übrig, vielleicht wegen verschiedenen Sichtweisen? Kleiner Scherz, die zwei haben sich aus persönlichen Gründen für eine andere Lebensrichtung entschieden.

Was ist der Unterschied zwischen eurem Stadthonig und dem Landhonig? Ist der vom Land nicht automatisch gesünder?

Ich würde eher sagen, dass es umgekehrt ist. In der Stadt werden keine Pestizide gespritzt. Natürlich findet man Bio-Landhonig, es ist aber schwer zu kontrollieren, wo die Bienen herumfliegen. Für gewöhnlich fliegen sie in einem drei Kilometer Radius. Außerdem müssen wir uns vielleicht auch die Frage stellen, ob das Land an sich gesund für die Bienen ist. Neben den Pestiziden schadet nämlich auch ein intensives Landwirtschaftsmodell extrem den Bienen. Die Monokultur bedeutet für sie, dass die Blumen in einem Perimeter von Kilometern nur für eine kurze Zeit blühen, und dann ist es vorbei. Irgendwann kam man dann auf die Idee, Bienen regelmäßig umzuziehen und sie vor kurz vor der nächsten Blütezeit auf dem nächsten Feld aufzustellen. Das macht zwar Sinn, denn die Bienen haben damit kontinuierlich Nektar und Pollen zu Verfügung, leider steigt damit aber auch der Naturwettbewerb enorm, und andere Insekten, wie beispielsweise Schmetterlingen, Hummeln und Wildbienen fehlt die Nahrung. Man muss sich das so vorstellen: Ein Bienenstock kann bis zu 40.000 Bienen enthalten (manchmal weniger, manchmal mehr, je nach Zeitpunkt). Und natürlich zieht man bei der Aktion nicht nur einen Bienenstock um.

Wie habt ihr die Dächer gefunden, auf denen eure Bienenstöcke stehen?

Wir sind ganz einfach von Tür zu Tür und haben gefragt, ob wir ein paar Bienenstöcke auf dem Dach aufstellen könnten. Wir hatten bewusst Läden und Firmen im Auge, denn eine Person zu überzeugen ist einfacher, als mehrere Bewohner eines Wohnhauses. Wir waren aber wirklich erstaunt, wie viele Personen davon begeistert waren und Lust dazu hatten, uns zu unterstützen.

Wie seid ihr an eure Bienenvölker gekommen? Wo kauft man sowas?

Wir haben unsere Bienenvölker von einem älteren Paar des Imkervereins abgekauft. Ich fand es symbolisch super, dass wir damit eine Art von Transfer von einer Generation zu der nächsten schaffen konnten.


Wie können wir uns die Ernte vorstellen? Macht ihr das selbst?

Wir ernten tatsächlich selbst, zweimal im Jahr. Anfang Juni für den Frühlingshonig und Ende Juli für den Sommerhonig. Dafür mieten wir uns eine Küche an und schleudern den ganzen Tag. Das erste Mal, komplett erfahrungslos, dachten wir, dass wir dafür ein paar Stunden brauchen würden – es hat die ganze Nacht gedauert.

Wie geht man mit Problemen um, wenn man mit Mutter Natur kooperiert? Hattet ihr schon einmal problematische Situationen in Bezug auf die Bienen?


Mutter Natur ist stärker und sie entscheidet, ob man imkert oder nicht. Wenn es beispielsweise regnet, ist das Imkern verboten, da werden die Bienen viel zu nervös. Aber glücklicherweise sind wir in Hamburg von zumeist schönem Wetter gesegnet. Ich hatte schon ein paar Mal versucht, zwischen zwei Schauern zu imkern – jedes Mal wurde ich gestochen, und das, obwohl ich voll geschützt war.

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Nun spielt Aufklärungsarbeit bei euch ja auch eine große Rolle. Worauf möchtet ihr in erster Linie eure Kunden aufmerksam machen?

Das große Ziel ist die Menschen zum Thema Bienensterben zu sensibilisieren, aber wir sollten trotzdem nicht vergessen, dass es hier nicht nur um die Honigbienen geht, sondern auch um die anderen Bestäuber, wie zum Beispiel die Wildbienen. Wir wollen die Abwegigkeiten und die Konsequenzen von Landwirtschaftsmodellen aufzeigen. Menschen wollen pestizidfreien Honig haben, deshalb wird Honig aus Mexiko importiert, der mit osteuropäischem Honig gemischt wird. Der Bio-Honig ist also zweimal um die Erde gereist, bis er beim Konsumenten ankommt. Das ist auch ein Grund, warum uns das Thema der Regionalität so am Herzen liegt. Die Lösung ist hier, in unseren Feldern. Interessant finden wir auch, dass ihr euren Honig lokal anbietet und bewusst keinen Versand macht.


Woher kommt diese Entscheidung?

Ursprünglich wollten wir so regional wie möglich bleiben. Die Idee war, dass Honig von lokalen Imkern, egal wo man ist, gekauft wird. Allerdings hat die Pandemie uns doch dazu gebracht mit einem Hamburger Versandunternehmen zu arbeiten. Wichtig ist natürlich nach wie vor, dass unsere Werte, wie der Respekt vor der Natur und die Herstellung von hochqualitativen Produkten, sichergestellt sind.


Welchen Stellenwert hat Social Media heute in eurer Arbeit?

Unser Projekt hat einen symbolischen Charakter und wir damit einen Grund, über dieses Thema, das uns so am Herzen liegt, zu sprechen. Entsprechend spielt Social Media eine enorme Rolle. Wir versuchen so präsent wie möglich zu sein, damit unsere Message gehört wird.


Seid ihr alle heute zu 100 Prozent involviert oder habt ihr noch andere Jobs bzw. Businesses?

Wir sind nach wie vor alle Hobbyimker und führen dieses Projekt nebenberuflich.


www.thereisabeeontheroof.de

@thereisabeeontheroof

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