„Profitabel gelaufen, sind wir jetzt erst im 4. Jahr nach der Gründung.“

Lisa Samhammer,

Gründerin von Second Life Fashion

Credit: Second Life Fashion


Lisa Samhammer hat bereits mit 22, direkt aus dem Studium kommend, mit Second Life Fashion ihre erste GmbH angemeldet. Was zunächst einige Zeit bevor als Lösung für minimalistisches Reisen begann, entwickelte sich schnell für das Bewusstsein dafür, wieviel Materielles sie in ihrem Leben wirklich brauchte, beginnend mit einem überfüllten Kleiderschrank, der sie nur noch frustrierte. Lisa hat uns folgend einen Einblick darin gegeben, wie sie ihr Konzept entwickelt hat, wie sie ihre Gründung finanziell gestemmt hat und welche Rolle ihr Vater als Mentor in allem gespielt hatte.

Liebe Lisa, erzähle uns bitte, was du vor Second Life Fashion gemacht hast.

Vor Second Life Fashion habe ich Psychologie in Erlangen studiert. Allerdings habe ich bereits während meines Studiums angefangen, meine aussortierte Kleidung online zu verkaufen. Was vermutlich viele junge Mädchen machen ist bei mir aber regelrecht zur Sucht geworden. Tag und Nacht war ich am Laptop, hab Anfragen bearbeitet, Fotos gemacht und bin zur Post gerannt.

Woher kam die Idee zu deinem Konzept?

Angefangen hat alles mit einem Auslandsaufenthalt in Vietnam. 2015 war ich für sechs Monate in Saigon und habe dort ein Auslandspraktikum absolviert. Natürlich konnte ich dorthin nur einen Koffer mitnehmen. Also habe ich meine zwei Lieblingsjeans und ein paar Shirts eingepackt. Vor Ort angekommen habe ich dann gemerkt, wie befreien es sein kann, wenn man nicht jeden Morgen erstmal überlegen muss, was man heute anzieht. Es war einfach immer nur eine Jeans und ein Shirt.

Als ich dann wieder nach Hause gekommen bin, habe ich erstmal gemerkt, ich was für einem Überfluss ich gelebt habe. Der große Kleiderschrank hat mich dann regelrecht erschlagen und ich habe mich nicht mehr wohl gefühlt. Dann habe ich angefangen, meine Sachen sehr konsequent auszusortieren und online zu verkaufen. Als ich schließlich selbst nichts mehr hatte, was man verkaufen konnte, habe ich Freundinnen gefragt, ob sie nicht auch Lust hätten, den Kleiderschrank auszumisten. Es hat sich sehr schnell rausgestellt, dass auf der einen Seite fast jede Frau Kleidungsstücke zu Hause hat, die sie nicht anzieht (und manchmal auch noch nie getragen hat) und es auf der anderen Seite sehr viele Frauen gibt, die sich für Second Hand Kleidung interessieren. Mich hat auch erstaunt, wie viele Kleidungsstücke wirklich auch noch in einem neuwertigen Zustand sind, einfach wie sie sogenannte Fehlkäufe waren. Schließlich habe ich mich dazu entschieden, daraus ein Geschäftsmodell mit einem eigenen Online Shop zu bauen.

Du hast sehr jung, mit 22, gegründet. Was hattest du dir damals unter einer Selbstständigkeit vorgestellt? Und bist du mit der Zeit enttäuscht/positiv überrascht worden?

Genau, ich habe damals mit 22 während meines Studiums eine GmbH gegründet. Es klingt aber beeindruckender, als ich mich damals gefühlt habe. Ich habe lediglich meine Leidenschaft für Second Hand Mode und das, was ich sowieso die ganze Zeit in meiner Freizeit gemacht habe (Second Hand Kleidung an- und wieder verkauft) ganz offiziell angemeldet. Mein Vater ist selbst der Gründer eines mittelständischen Unternehmens und hat mich damals dazu ermutigt, zu gründen. Natürlich haben wir damals dann zusammen vor der Gründung noch sehr viel Zeit in die Ausarbeitung von Businessplänen und Wirtschaftlichkeitsrechnungen gesteckt. Es war uns klar, dass es ein harter Weg werden würde, da man immer mit Unikaten handelt und nicht einfach eine Fuhre Ware aus China ordern kann. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine bösen Überraschungen. Höchsten, wie teuer es schon mal ist, eine GmbH zu gründen.

Ein erfolgreiches Business zu führen gehört nicht gerade zu den Basics unserer Schulzeit. Wer hat dir Entrepreneurship beigebracht?

Ja das stimmt. In der Schule lernt man so gut wie gar nichts darüber, wie es im Geschäftsleben zugeht. Es wird einem auch gar nicht erklärt, dass man sich auch selbstständig machen kann oder ein Business gründen kann. Da hat mir mein Vater so gut wie alles, was ich darüber weiß, beigebracht. Er hat einfach super viel Erfahrung steht mir immer mit Rat und Tat zur Seite. Er war auch derjenige, der mich dazu ermutigt hat, eine GmbH zu gründen. Natürlich hat er mich auch finanziell unterstützt.

Welcher Bereich in deinem Business macht dir am meisten Spaß?

Ich liebe so gut wie alles, was hier im Unternehmen passiert. Angefangen vom Ankauf der Kleidung, dem Fotografieren, dem Verpacken der Pakete, dem Kundenservice, bis hin zur strategischen Weiterentwicklung und der Buchhaltung. Ich freue mich jeden Tag aufs Neue, dass ich einen so vielfältigen Beruf habe. Dadurch, dass alles zum Erfolg des eigenen Unternehmens beiträgt, bin ich so gut wie immer motiviert, das Beste aus mir und meinen Mitarbeitern herauszuholen.

Eine der größten Herausforderungen eines jeden StartUps sind die Finanzen. Wie zügig nach Gründung seid ihr profitabel gelaufen und wie seid ihr mit dem Gewinn umgegangen? Habt ihr euch ein Gehalt ausgezahlt oder reinvestiert?

Profitabel gelaufen, sind wir jetzt erst im 4. Jahr nach der Gründung. Das ist aber nichts Ungewöhnliches: Die Investitionskosten zu Beginn für die Gründung eines Unternehmens sind einfach enorm hoch. Angefangen mit dem Online Shop, einer Warenmanagementsoftware über Logistikzubehör kommt da einiges zusammen. Seit letztem Jahr beschäftige ich auch zwei Vollzeitmitarbeiter und einen Freelancer. Ich habe mir von Anfang an ein Gehalt ausbezahlt, auch wenn das zu Beginn natürlich nur ein symbolischer Betrag war. Wichtig ist, einen klaren Businessplan und eine Liquiditätsplanung zu haben, damit man weiß, wie lange das Geld reicht und wo es hingehen soll. Wichtig sind dabei auch realistische Ziele. Ich beschäftige mich täglich mit den Kennzahlen meines Unternehmens, um rechtzeitig eingreifen zu können, sollte mal irgendwas schieflaufen.

Welche Marketingmaßnahme hat bei euch bisher am besten gegriffen?

Da wir einen Online Shop betreiben, ist auch das Online Marketing für uns am wichtigsten. Hier können wir mit verhältnismäßig wenig Geldeinsatz sehr viele Menschen erreichen. Das, was beim Marketing insgesamt aber am allerwichtigsten ist: Messen, messen, messen. Wir stecken in keine Marketingaktivität Geld, bei der wir nicht messen und nachvollziehen können, wie groß der Output daraus ist. Daher würde beispielsweise Plakatwerbung für uns nicht in Frage kommen, außer man druckt darauf einen Gutscheincode ab, um die Resonanz nachverfolgen zu können.

Dein Konzept erinnert sehr stark an das von Sophia Amoruso und ihr Unternehmen Nasty Gal. Sophia wurde mit diesem Konzept innerhalb ein paar Jahren sehr erfolgreich und zur Ebay-Millionärin. Siehst du in dieser Nische auch heute noch solches Potenzial und wo denkst du liegen die Schlüsselelemente für einen solchen Erfolg?

Ich denke, dass genau da der Punkt unserer Philosophie liegt: Wir wollen, dass Second Hand Kleidung keine Nische mehr ist, sondern nach und nach in den Alltag der Menschen mit einfließt. Es sollte nicht darum gehen, mit exklusiver Vintage Mode möglichst viel Geld zu machen, sondern das Bewusstsein der Leute dahingehend zu schärfen, dass man jedes Kleidungsstück, das man sich neu kauft, auch gebraucht kaufen könnte. Second Hand Kleidung hat in so vielen Fällen noch einen super Zustand und es gibt auch total viel aktuelle Kleidung, die nicht mehr getragen wird. Man kann auch ganz einfach aktuelle Trends mit Second Hand Kleidung nachstylen. Wenn man sich bei jeder Kaufentscheidung einfach mal selbst die Frage stellen würde, ob man das Kleidungsstück wirklich braucht und wenn ja, ob man es auch gebraucht Kaufen könnte, dann wäre schon wirklich viel getan, man könnte massenhaft an Ressourcen sparen und dem Klimawandel sehr effektiv entgegenwirken.

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Ein Business zu führen kann sehr schnell zu Überforderung und Überarbeitung führen. Wie wahrst du deinen Überblick und vermeidest Überforderung oder Ausgebranntheit?

Ich stecke sehr viel Energie und Leidenschaft in mein Business und trotzdem würde ich behaupten, dass ich sehr gut erkennen kann, wann es genug ist und ich auch mal eine Pause brauche.

Beispielsweise habe ich in den ersten 1-2 Jahren auch am Wochenende durchgearbeitet, das habe ich dann aber irgendwann abgeschafft. Das Wochenende steht mir zur freien Verfügung und da kann ich entspannen. Natürlich checkt man auch da ab und zu mal die E-Mails, aber das nehme ich in dem Moment einfach nicht als Arbeit wahr, sondern ich bin neugierig, ob es etwas Neues gibt.

Wie können wir uns einen Tag in deinem Leben vorstellen?

Ich würde gerne sagen, dass bei mir jeder Tag unterschiedlich ist, aber so sehr unterscheiden sich meine Tage eigentlich gar nicht voneinander. Ich bin jemand, der eher früh aufsteht. Oft bin ich dann so ab 7:15 Uhr schon im Büro und erledige oft zuerst die Mails. Gleich danach schau ich, was die Aufgabe ist, die ich an dem Tag am unliebsten erledige. Die versuche ich dann noch am Vormittag fertig zu bekommen. Das sind meistens Themen, die ich schon länger vor mir herschiebe (ich denke, die hat jeder). Danach habe ich meistens Spaß daran, kreativ im Unternehmen mitzuarbeiten: Outfiterstellung oder Social Media stehen am Nachmittag meistens auf dem Programm. Meistens arbeite ich bis 18 Uhr, so dass ich dann abends immer ziemlich erschöpft bin und mich auf das Sofa freue.

www.secondlifefashion.de

@secondlifefashionde

Photography: Second Life Fashion

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