„Mein Ziel war und ist es, ein neues, positives Image von Nutzhanf zu etablieren.“

Elisabeth Thamm, Gründerin von Elzbag

Foto: Anja Lindner


Elisabeth Thamm ist schon seit ihrer Studienzeit nebenbei selbstständig, mit der Produktion von Textilien und ihrem Onlineshop ist sie jedoch erst Anfang 2015 nebenberuflich an den Start gegangen. Damals war sie hauptberuflich für einige Jahre in den Bereichen Marketing und Eventmanagement unterwegs, merkte aber schon früh, dass sie kein 9-to-5 – oder eher 9-to-7-Mensch ist und lieber eigene Ideen umsetzen wollte. Sie kündigte ihre Vollzeitstelle, reduzierte ihre Anstellung auf Teilzeit im Bereich Emotionsforschung, und ist seither dadurch in der Lage ihren Lebensunterhalt zu verdienen und gleichzeitig ihrem Business Elzbag mehr Zeit zu schenken.

Mit Elzbag fokussiert sie sich heute auf nachhaltige Taschen, Bettwäsche, Wohn- und Badtextilien sowie Textilien für Babys aus reinem Hanf, made in Berlin. Vegan. Ökologisch.

Mit diesem Schwerpunkt hat sie sich somit auch in eine Nische begeben, die nach wie vor noch nicht gegen ein schlechtes Image zu kämpfen hat.

Liebe Elisabeth, Ihr habt 2016 euer Modelabel gerelauncht. Wo lag vorher der Schwerpunkt?

Vorher war es mehr ein Hobby. Ich hatte einfache Turnbeutel produziert und diese online über meinen eigenen Shop und diverse Marktplätze vertrieben. Erst später fing ich an, mich mehr mit dem nachhaltigen Leben auseinanderzusetzen und suchte dann speziell nachhaltige Textilien für meine Produktion.

Wie kam das neue Konzept bei euren Kunden an?

Anfangs war es doch etwas schwierig und es kamen viele Fragen. Die Aufklärung musste ganz unten starten – das heißt bei Familie und Freunden. Sie sind die wichtigsten Fans, Begleiter und Unterstützer, aber auch Kritiker. Das Thema Hanf kam bis dato nur in Verbindung mit Drogen (Kiffen) auf. Dass Hanf eine so vielseitige Pflanze ist, war bis dahin nur wenigen bewusst. Einige hatten Hanftextilien als grobe und raue Materialien in Erinnerung und waren daher sehr skeptisch als ich z.B. Bettwäsche auf den ersten Märkten anbot. Andere wiederum, die Hanf von früher kannten, fragten speziell nach Hanfjeans, da diese wohl sehr bequem und so gut wie unkaputtbar waren. Bis heute erhalte ich dazu viele Anfragen.

Mittlerweile hat sich die Einstellung zu Hanf stark ins Positive verändert. Dies ist auch den anderen Hanf-StartUps – vorwiegend aus dem Lebensmittel- oder Kosmetik-Sektor – zu verdanken, die in den letzten zwei bis drei Jahren gegründet wurden. Dadurch wurden auch noch einmal andere Seiten der Hanfpflanze gezeigt. Das Interesse an Hanftextilien wächst und ich freue mich, dass ich Kunden habe, die wiederholt bei mir kaufen.

Was macht Hanf so besonders für nachhaltige Mode?

Im Vergleich zu bspw. Baumwolle kann Hanf bis zu drei Mal im Jahr geerntet werden. Auf einem Hektar wächst vier Mal so viel Hanf wie Baumwolle. Ebenso verhält es sich mit Bäumen, weshalb Hanf eine großartige Quelle für die Papierproduktion wäre – z.B. wurde die erste Gutenberg-Bibel auf Hanfpapier gedruckt!

Nicht nur die Anbaumenge macht Hanf so besonders, auch seine Langlebigkeit, Robustheit und Widerstandsfähigkeit. Er schützt sich selbst und benötigt weder Pestizide noch sonstige Chemikalien zum Wachsen. Hanf ist demnach von Natur aus ein Bioprodukt. Deshalb ist er besonders für Menschen mit empfindlicher Haut geeignet. Und sollte ein Hanftextil nicht mehr zu gebrauchen sein, so zersetzt es sich von selbst in kurzer Zeit und geht zurück in die Natur.


Ihr habt den Relaunch von einer Crowsfunding Kampagne begleitet. Wie ist das für euch ausgegangen?

Finanziell leider nicht positiv. Ich sage hierbei bewusst finanziell, da auch Niederlagen etwas Positives haben und das Marketing während der Kampagne doch einiges gebracht hat. Die Kampagne an sich war leider nicht erfolgreich. Das lag jedoch hauptsächlich daran, dass ich bis dahin noch keine fertigen Produkte hatte – die ich über das Crowdfunding finanzieren wollte – und nur Illustrationen vorzeigen konnte. Zudem war der richtige Zeitpunkt einfach noch nicht gekommen. Es war Ende 2016. Das Thema „nachhaltige Textilien“ war längst nicht so wichtig wie heute und kaum jemand wollte in eine Faser investieren, die bisher hauptsächlich als Droge bekannt war. Hätte ich die Kampagne ein Jahr später gemacht, wäre sie sicher ganz anders ausgegangen. Dennoch sehe ich diese „Niederlage“ als wunderbare Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

Habt ihr es als schwierig empfunden das Image von Hanf nun mit eurem Label zu verbinden?

Das Image von Hanf ist die letzten Jahre ja eher negativ gewesen und hat sich nicht auf die Eigenschaften von Nutzhanf bezogen. Daher ist eine Verbindung damit sowieso schwierig. Mein Ziel war und ist es, ein neues, positives Image von Nutzhanf zu etablieren und den Menschen zu zeigen, was alles mit Hanf möglich ist.

Bei der Neugestaltung des Logos tat ich mich jedoch etwas schwer. Und auch heute noch überlege ich, ob und wie ich es gestalten kann, so dass erkennbar ist, dass es um Hanf geht – aber ohne das typische Hanfblatt, das einfach überall mit dem Konsum von Marihuana in Verbindung gebracht wird. Dabei ist Hanf eine wirklich schöne Pflanze.

Ihr produziert alles in Handarbeit und das mit speziellem Material. Wo ordnen sich dabei eure Endpreise für eure Kunden ein?

Die Preise für unsere Kunden sind, wie bei den meisten nachhaltigen Labels, etwas höher. Es kommt auch auf das Produkt an, weshalb alles recht clean ist und die Schnitte eher simpel. Meine Produkte sollen nicht nur saisonal, sondern ganzjährig und zu jedem Anlass genutzt werden können. Dies verbinde ich mit Nachhaltigkeit.

Die Bettwäsche ist bspw. nicht unter 200 Euro zu haben. Dies liegt aber einzig und allein an der Stoffmenge, die dafür notwendig ist. Hanf ist einfach noch ein sehr teurer Rohstoff. Zudem habe ich bisher vieles selbst produziert und alles, was ich ab jetzt produzieren lasse, ist immer noch Made in Germany. Das war und ist mir besonders wichtig.

Mein Ziel ist es natürlich, dass jeder sich Hanfprodukte leisten kann. Doch wir leben mittlerweile in einer Gesellschaft, die sich (hoffentlich) weiter zu einem fairen Konsumverhalten entwickelt. Die Menschen sollen bewusster und dafür weniger kaufen. Zehn T-Shirts für jeweils fünf Euro zu kaufen, weil diese nur maximal eine Saison halten, ist alles andere als nachhaltig. Also gebe ich doch lieber 20 oder 30 Euro für ein T-Shirt aus und habe viele Jahre etwas davon. Wenn das Bewusstsein der Gesellschaft für diesen nachhaltigen Konsum geschärft ist, dann sind auch die Produkte von ELZBAG grundsätzlich nicht mehr so teuer. Werden diese gut gepflegt, halten sie ewig und können noch an die nächste und übernächste Generation weitergegeben werden.

Foto: Anja Lindner

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Haben eure Produkte auch den typischen Hanf-Geruch noch in sich?

Einige Hanfstoffe und -materialien riechen zu Beginn leicht nach Bauernhof, da sie meistens auch erst bei Bestellung finalisiert und dann direkt vom Produzenten verschickt werden. Der Geruch hat nichts mit dem typischen Grasgeruch zu tun, den viele mit Hanf bzw. Marihuana verbinden. Die Stoffe werden ja aus den Stängeln der Pflanze produziert, die selbst keinen intensiven Geruch haben. Der Marihuana-Geruch, den man kennt, stammt aus den Blüten der Pflanze, die bei Textilien keine Verwendung finden.

Was denkst du muss noch passieren, damit eure Kollektionen auch für die breite Masse gesehen werden und die Menschen Slow-Fashion mehr verstehen und akzeptieren lernen?

Ich persönlich muss einfach mehr Zeit und Energie investieren. Werbung und Kommunikation allgemein über Social Media und das Web ist mittlerweile unumgänglich. Dies birgt aber auch viele Risiken und Herausforderungen. Als Solopreneur ist es nicht einfach, alle Gewerke unter einen Hut zu bringen. Seit diesem Jahr (2020) habe ich eine Näherei, die die Produktion übernehmen kann, damit ich mich auf Dinge wie Marketing, Finanzen, PR etc. konzentrieren kann. Im September 2019 bin ich auch noch Mama geworden, wodurch ich trotz Elternzeit viel weniger Zeit habe, meine Aufgaben zu erledigen. Dennoch möchte ich mehr über die tollen Eigenschaften von Hanf verbreiten und warum es meiner Meinung nach der nachhaltigste Rohstoff ist, den die Erde zu bieten hat.

Die (meisten) Menschen verstehen immer noch nicht, warum Fast Fashion und, hier im Bezug auf Textilien, Plastik nicht nur für die Umwelt, sondern auch für den menschlichen Körper gefährlich sind. Kaum jemand weiß, dass Polyester u.a. aus Erdöl produziert wird. Und dennoch trägt es fast jeder an seinem Körper. Leider fehlt hierzu jedwede Aufklärung. Wer an dieser Stelle verantwortlich ist, darüber kann man sicher viel diskutieren. Vor allem natürlich die Politik, die nachhaltige Unternehmen mehr unterstützen und generell mehr Aufklärungsarbeit tun sollte. Einige Schulen beschäftigen sich bereits im Unterricht mit den Themen Klimawandel, Plastik und Nachhaltigkeit. Aber bei weitem nicht alle. Und wenn vielleicht schon Zuhause kein Interesse an dem Thema besteht oder es von Eltern gar als unwichtig abgetan wird, wie sollen es die Kinder dann verstehen und akzeptieren?

Ich persönlich sehe für mich die Aufgabe, mit meinen Verwandten, Bekannten und Freunden regelmäßig darüber zu sprechen und neueste Erkenntnisse auszutauschen. Und vor allen Dingen möchte ich meinem Kind ein weitestgehend nachhaltiges Leben vorleben und es dahingehend frühzeitig aufklären.

Wo möchtest du mit Elzbag noch hinwachsen?

Im Moment ist Elzbag noch sehr klein und ich mache das neben meinem Teilzeitjob. In naher Zukunft möchte ich mich gern voll um Elzbag kümmern, denn die Zeit reicht einfach nicht aus, um alle Anfragen rechtzeitig zu bearbeiten. Zudem möchte ich natürlich mehr Menschen mit meinen Produkten und meiner Überzeugung erreichen. Das schaffe ich nur, wenn ich Zeit investiere. Und mein Produktangebot möchte ich gern erweitern – verschiedene Farben und Größen meiner Produkte anbieten. Aktuell verkaufe ich z.B. die Bettwäsche in der Standardgröße 135x200cm, erhalte aber auch Anfragen zu 200x220cm. Um solch eine Vielfalt anzubieten, benötige ich Lagerkapazitäten und Budget. Produktion und Verkauf von Produkten erfordert nun mal mehr monetäre Investition als Dienstleistungen. Ich hoffe, in Zukunft dahingehend wachsen zu können. Es stecken noch viele Produktideen in meinem Kopf, die ich sehr gern umsetzen möchte.

www.elzbag-shop.com

@elzbag

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