Gabriele Meinl und Bianca Renninger, Founder von AIKYOU
Das Lingerielabel AIKYOU gibt es mittlerweile schon seit zehn Jahren. Zehn Jahre voller Höhen und Tiefen, die die beiden Gründerinnen Gabriele Meinl und Bianca Renninger nicht nur zu erfolgreichen Unternehmerinnen, sondern auch zu Sparringspartnerinnen, die sich die Art zu Arbeiten an ihren Lebensstil angepasst haben. Pünktlich zum Jubiläum haben wir mit ihnen über die Hintergründe des Labels und das Thema Body Positivity gesprochen. Damals, zur Gründung von AIKYOU, waren beide beruflich in einer Situation, in der sie sich verändern wollten. Gabriele erzählt uns: „Wir trafen uns zum Kaffee. Bianca hatte die Idee eines Labels spezialisiert auf kleine Brüste: Machst Du mit?! Keine Sekunde Pause: Ja! Wir haben sofort aus dem Bauch heraus entschieden, ohne vorher noch etwaige Hindernisse abzuwägen, weil es sich in dem Moment alternativlos richtig angefühlt hat. Manchmal muss man einfach machen.“
Ihr Lieben, woher kennt ihr euch?
Wir haben uns ungefähr um die Jahrtausendwende kennengelernt und dann immer wieder zusammengearbeitet. So waren wir von Anfang an ein eingespieltes Team und wussten, was wir voneinander erwarten und vor allem, dass wir uns aufeinander verlassen können. Dieses Vertrauen ist uns sehr wichtig.
Was habt ihr vor eurer Gründung von AIKYOU gemacht?
Wir kommen beide aus dem Marketing und waren bei verschiedenen Unternehmen bzw. Agenturen im Consumerbereich tätig.
Welches Problem wolltet ihr mit AIKYOU lösen?
Wir haben AIKYOU 2011 gegründet, weil es einfach auf dem Markt kaum BH-Modelle speziell für kleine Oberweiten gab. Die meisten Unterwäschehersteller entwerfen einen Schnitt für einen mittleren Cup-Bereich und gradieren den für alle Größen. Es ist selten, dass jemand etwas genau nur für kleine Brüste anbietet wie wir, und das wird aber gesucht. Wir wissen aus Erfahrung, worauf es dabei ankommt, und deshalb entwerfen wir alle unsere Modelle selbst.
Basierend auf eurem Motto „Wir finden, kleine Brüste sind wunderbar, so, wie sie sind“ produziert ihr eure Lingerie ohne Bügel und vergrößernde Push-ups. In einer Gesellschaft, wo Perfektionismus, vor allem auf Social Media, sehr gehypt wird, wie nehmt ihr die Wahrnehmung eurer Produkte wahr?
Wir wachsen alle mit Schönheitsidealen auf und werden davon beeinflusst, ob wir wollen oder nicht. Schon Teenager lernen heute, wie ein Busen auszusehen hat, und das bedeutet im Moment immer noch „größer“. Aber das ist nur ein Klischee. Denn Weiblichkeit hat bestimmt nichts mit der Cupgröße zu tun. Mit einem kleinen Busen kann man sich nicht nur wohlfühlen, sondern selbstverständlich auch attraktiv und feminin.
Frauen mit kleinem Busen bekommen auf der Suche nach einem passenden BH gerne Gutgemeinte Ratschläge. Zum Beispiel, dass man ja ein Problem hätte, das man aber doch lösen könne, und gleich kriegt man einen Push-up-BH verpasst. Ein Busen ist aber an sich kein „Problem“ und auch nicht „falsch“. Ein BH, der nicht richtig passt, weil er nur eine starre Form auf die Brust legt und sich nicht anpassen kann, hingegen schon. Und genau deshalb, weil wir das anders machen und ganz spezifisch BHs für kleine Brüste entwerfen, bekommen wir auch von vielen Seiten ganz tolles Feedback. Was wir anbieten, ist für viele offenbar eine lang erwartete Bestätigung. Wir hören oft den Satz: „Nach so etwas habe ich schon immer gesucht“ oder „Damit fühle ich mich nun endlich mit meinem Busen wohl“. Das freut uns natürlich sehr, weil es zeigt, dass unsere Arbeit geschätzt wird.
Credit: AIKYOU
Ist das Thema Body Positivity bzw. Bodyshaming ein Kampf, der nebenbei noch gekämpft werden muss, wenn man sich in einer solchen Nische niederlässt?
Body Positivity steht dafür, seinen Körper so akzeptieren zu dürfen, wie er ist, und diesen Respekt auch anderen entgegenzubringen, ohne sich am herrschenden Schönheitsideal oder irgendwelchen Meinungen zu messen. Bei Brüsten gibt es, wie gesagt, das Klischee, dass ein Busen angeblich nur dann weiblich wirkt, wenn er eine bestimmte Größe hat. Was für eine abstruse Vorstellung!
Als wir AIKYOU gründeten, gab es das Thema so noch nicht. Mittlerweile sprechen alle über Body Positivity. Aber das hat leider in der Praxis nicht für Entspannung gesorgt. Es gibt immer wieder abfällige Bemerkungen, wenn man kleine Brüste selbstbewusst ins Rampenlicht stellt, und zwar nicht nur bei bekannten Influencerinnen. Wir haben selbst schon solche abwertenden Kommentare erhalten, und zwar ausschließlich von Frauen! In einer anfeindenden Bissigkeit, die uns doch erstaunt hat: Unsere BHs würden die Brüste ja noch kleiner aussehen lassen, oder mit kleinen Brüsten brauche man sowieso überhaupt keinen BH. Dass Frauen sich so über andere äußern, die offenbar nicht das eigene Selbstbild verkörpern, ist wirklich ganz erstaunlich!
Inwiefern spielt das Feedback eurer Kundinnen eine Rolle in Sachen Produktentwicklung? Gab es schon Wünsche, die das ein oder andere Design beeinflusst haben?
Tatsächlich ist das bei uns ein zentraler Baustein, wie wir über neue Designs nachdenken. Wir sind sehr froh darüber, dass wir einen direkten Kontakt zu unseren Kundinnen haben und diese immer persönlich beraten. Wir lernen ständig Neues in diesem Austausch. Insofern denken wir bei jedem Entwurf darüber nach, wie wir den Feedbacks, die wir bekommen, gerecht werden können. Und so erfüllen wir mit jedem neuen Modell gleichzeitig auch bestimmte Wünsche, die an uns gerichtet wurden.
Nachhaltigkeit hat bei euch ja einen großen Stellenwert. Wo sind hier dennoch die Knackpunkte und Herausforderungen dem Preis-Leistungs-Verhältnis und dem Markt gerecht zu werden?
Von der ersten Idee an war uns klar, dass unsere Wäsche umweltfreundlich und nachhaltig hergestellt sein sollte. Das war nie ein Marketingtrend für uns, sondern immer eine Selbstverständlichkeit. Dabei versuchen wir, einfach unser Bestes zu tun, ohne den Anspruch, perfekt zu sein. Die Auswahl an nachhaltig produzierten Materialien ist im Vergleich zum konventionellen Bereich begrenzter, sie werden in kleineren Auflagen gefertigt, und die Gestehungskosten sind entsprechend höher. Dazu kommt logischerweise auch, dass wir als unabhängiges Label völlig anders arbeiten, als Fast-Fashion-Anbieter. Und wir hinterfragen immer wieder kritisch, auch was es eigentlich heißt, nachhaltig zu wirtschaften. Rabattschlachten, die durch Preisdruck eben ein System wie in der Fast Fashion befördern, gehören für uns nicht dazu.
Nun gibt es euch schon seit zehn Jahren, Glückwunsch zum Jubiläum! Hat sich das letzte Jahrzehnt so angefühlt wie ihr euch das zu Beginn vorgestellt habt?
Die zehn Jahre sind wirklich rasend schnell vorbeigegangen. Wie viel Arbeit und welche Herausforderungen mit unserem Unternehmen auf uns zukommen würden, konnten wir vorher tatsächlich nicht absehen. Aber sobald man drinsteckt, denkt man nur noch nach vorne. Jeden Tag, und so ist das auch heute noch, tauchen neue Fragen auf, weil sich ja auch die Technologie, die Kommunikation, der Markt und das Marketing, die Gesellschaft und die Strukturen dynamisch entwickeln. Und so haben wir lange einfach nur unsere ganze Kraft in AIKYOU gesteckt.
Plötzlich, vor ein paar Jahren, konnten wir aber auch eine zusätzliche Perspektive entwickeln: die Freiheit, eine gute Work-Life-Balance zu erreichen. Wir haben im Laufe der Jahre verändert, wie wir arbeiten nämlich so, wie es zum eigenen Leben passt. Dazu haben wir alle Strukturen hinterfragt, die sonst für ein Unternehmen als gegeben betrachtet werden. Bei uns läuft sehr viel flexibel, wir arbeiten schon seit etlichen Jahren vom Homeoffice aus, verbringen keine unnötige Zeit mehr in Meetings und sind so insgesamt noch effektiver geworden. Wir arbeiten nach wie vor intensiv, aber gleichzeitig ist unser Leben ruhiger getaktet. Damit haben wir ein für uns sehr wichtiges Ziel erreicht.
Mit welchem unternehmerischen Vorbild würdet ihr euch gerne mal auf einen Kaffee treffen und um Rat fragen?
Das mag jetzt erstaunlich klingen, aber da gibt es niemanden. Das müsste eine Person sein, die Erfahrungen mit genau demselben Produkt, also Lingerie, für unsere sehr spezielle Zielgruppe hätte und dieselben Markt- und Kapitalvoraussetzungen. Sicher gibt es viele inspirierende Menschen in der Wirtschaft, und sicher haben auch wir Situationen erlebt, wo wir von unserem Know-how her an Grenzen gestoßen sind. Aber wir haben gelernt, dass Unternehmerin zu sein eben genau das erfordert, seine Probleme selbst zu lösen und sein eigenes Expertenwissen zu erarbeiten. Das kann niemand anders für einen tun.
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