Alina Bassi, Founder von kleiderly
Mit 14 Jahren entwickelte Alina Bassi bereits ihre Leidenschaft für Nachhaltigkeit, als sie das erste Mal über den Klimawandel lernte. Daraufhin beschloss sie Chemie Engineering zu studieren, mit dem Ziel, im Bereich Nachhaltigkeit und Energie zu arbeiten. Alina hat mittlerweile einen Master in Chemieingenieurwesen und arbeitet seit über acht Jahren als Ingenieur in diesem Gebiet – in Energieberatungsfirmen und bei der Planung von Industriebetrieben, wie z.B. bei bio-bean in Großbritannien, die Kaffeeabfälle zu Biokraftstoffen verarbeiten. Ihr Hintergrund in der Berechnung und Analyse von CO2-Fußabdrücken half ihr dabei, die Auswirkungen von Lösungskonzepten auf die Umwelt zu analysieren. Mit ihrem Unternehmen Kleiderly produziert sie mittlerweile aus Kleidungsabfällen 100 % nachhaltiges Material. Mehr zu Kleiderly und ihrem Werdegang gibt es anbei im Interview.
Wie kam es zur Gründung von Kleiderly?
Ich gründete Kleiderly 2019, nachdem ich Tansania bereiste und dort aus erster Hand die Auswirkungen von Kleidungsabfällen auf Deponien, die nicht verkauft werden konnten, erfuhr. Als ich realisierte, dass 87% aller Kleidungen in solchen Ländern als Müll auf Deponien landen und dort Mengen an CO2-Emissionen in die Atmosphäre freisetzen, entschied ich mich aktiv zu werden. Ich beschloss, meine Leidenschaft für Nachhaltigkeit, sowie mein Interesse für Mode und mein Wissen im Abfallsektor zu verbinden und zu nutzen. Kleiderly ist ein StartUp für nachhaltige Materialien mit dem Sitz in Berlin. Wir legen den Fokus auf Kleidungsabfälle, um zu verhindern, dass sie auf Deponien und in Verbrennungsanlagen landen und anschließend die Umwelt verschmutzen. Stattdessen verwandeln wir die ungenutzte Kleidung in ein 100% nachhaltiges Material, das Kunststoffe auf Erdölbasis, welches ursprünglich aus Thermoplaste wie Erdöl gewonnen wird, ersetzt. Unter Anwendung von Kreislaufwirtschaftsprinzipien kann Kleiderly somit zwei Umweltprobleme auf einmal lösen.
Du kommst ursprünglich aus London. Was hat dich nach Deutschland gebracht und wieso war genau Berlin der beste Ort, um dein Unternehmen zu gründen?
Einer der Hauptgründe, warum ich mich für Berlin entschieden habe, ist die aufstrebende StartUp Szene vor Ort, welche von einem innovativen und unternehmerischen Geist begleitet wird. Ich dachte, eine Stadt, in der mehr als 400 StartUps jährlich wachsen, ist der richtige Ort für mich. Die StartUp-Infrastruktur und das Netzwerk ist zudem auch leicht zugänglich. Auch als Stadt engagiert sich Berlin sehr bei Themen wie Nachhaltigkeit und Abfallmanagement, sowohl auf professioneller als auch auf Forschungsebene.
Die COVID-Krise hat Unternehmen vieles gelehrt. Was hast du und dein Unternehmen gelernt?
Wir wissen zwar, wie sich übermäßiger Verbrauch oder übermäßige Produktion auf die Umwelt auswirkt, die COVID-Krise hat jedoch noch einmal diese Auswirkungen deutlicher gemacht. Viele Lager und Lagerräume waren überfüllt mit Inventar. Viele Unternehmen hatten damit zu kämpfen, Lösungen dafür zu finden. Viele Second-Hand-Läden oder Kleidercontainer wurden mit mehr Kleidung überschwemmt, als sie verkaufen können. Es entstanden Berge an Kleidungsstücken, die die Sortierlager füllten. Dies hat uns zu der Erkenntnis verholfen, dass es nötig ist, neue Systeme im Umgang mit Altkleidern zu implementieren, und dass wir bei Kleiderly auf dem richtigen Weg sind. Es hat uns auch gelehrt, dass Praktiken für eine nachhaltigere Zukunft viel dringender benötigt werden, als wir bislang dachten. Wir müssen in einem schnelleren Tempo handeln, als wir es zurzeit tun, um Veränderungen herbeizuführen.
Musstest du auch einen Plan B für dein Unternehmen erstellen oder hat es deinBusiness nicht so schwer getroffen?
Ein StartUp aufzubauen ist eine harte Reise, auch ohne eine Pandemie. Also ja, es war nicht leicht. Die Marken, mit denen wir gesprochen haben, hatten größere Probleme diese Zeit zu bewältigen. Wir haben jedoch auch festgestellt, dass sich viele Branchen die Zeit nahmen, um innezuhalten und zu entscheiden, wie sie Nachhaltigkeit in ihre zukünftigen Ziele einbringen wollen, und das ist es, was Kleiderly als Vision bietet.
Wir haben von vielen Unternehmern gehört, dass sie nach der Gründung ihres Unternehmens einige, neue, Qualitäten an sich entdeckt haben, die sie noch nie zuvor so wahrgenommen hatten. Hast du dich auch selbst neu erfunden, nachdem du dein Unternehmen gegründet hast? Was siehst du heute anders als früher?
Meine wichtigsten Learnings seit dem Beginn der Reise als Unternehmerin, sind im Bezug auf den Aufbau eines stärkenden Netzwerks entstanden. Zunächst wurde ich mit dem Imposter Syndrom konfrontiert und glaubte nicht genug an mich selbst. Indem ich mich aus meiner Komfortzone herausdrängte und durch die Begegnungen mit vielen inspirierenden Gründern, habe ich diese Selbstzweifel überwunden. Jetzt bin ich viel sicherer in meiner Rolle als Gründerin. Ich habe gelernt, dass eine Gruppe von unterstützenden Gründer Freundinnen zu haben mir sehr hilft. Durch das Google for StartUps-Programm für Gründerinnen traf ich einige erstaunliche Frauen, viele von ihnen sind meine engen Freunde geworden. Wir teilen unsere Reise, Lektionen und Geschichten miteinander und bieten uns gegenseitig einen sicheren Raum für Austausch. Ich habe auch das große Glück gehabt, im Laufe meiner Karriere als Ingenieur viele Mentoren und Berater, sowie Gründer gewonnen zu haben, und diese Menschen sind für mich und meine Reise von unschätzbarem Wert.
Kleiderly
Kleiderly
Fühlst du dich von der Regierung und der Gesellschaft gesehen und unterstützt in deiner Mission mit Kleiderly?
In Bezug auf Umwelt oder Nachhaltigkeit gibt es viele neue Zuschüsse, Finanzierungsmöglichkeiten und mehr Unterstützung von der Regierung. Da dies jedoch extrem umkämpft ist, ist es immer noch eine Herausforderung, und es könnte mehr getan werden, um Hardware Lösungen innerhalb der Nachhaltigkeit zu unterstützen. Dennoch haben wir große Unterstützung erhalten von vielen Einzelpersonen und Organisationen, die wirklich an unsere Vision und Mission als nachhaltiges StartUp glauben. Wir sind sehr glücklich, solch positives Feedback und Möglichkeiten durch die lokalen Medien und Organisationen erhalten zu haben. Neben der Bereitstellung unserer Lösung teilen wir auch Wissen rund um das Thema Nachhaltigkeit innerhalb der Mode- und Kunststoffsektoren auf unserem Blog, sowohl als auf unseren sozialen Medienkanälen. Dadurch gewinnen wir mehr Interesse und Unterstützung. Als Gründerin mit einem vielfältigen Migrationshintergrund glaube ich, dass viel mehr getan werden kann und muss, um genau solchen Menschen den Einstieg in die StartUp-Welt zu vereinfachen. Es gibt viele Programme für Gründerinnen, aber nicht viele Möglichkeiten für Menschen mit unterschiedlichen Herkünften. Hier, glaube ich, könnten Regierung und Investoren zusätzliche Unterstützung leisten. Mit diesem Hintergrund ist es nicht üblich, in die riskante StartUp-Szene einzusteigen, und viele kämpfen damit, finanzielle Unterstützung von Freunden und Familienangehörigen zu erhalten, bevor wir überhaupt mit institutionellen Investoren zu tun haben. Daher habe ich ‘Tech in Colour’ mit Deborah Choi (Gründer von Horticure) begonnen. Wir wollen Zugang und Sichtbarkeit für Schwarze, Asiaten, Indigene und ethnische Minderheiten Gründerinnen aus ganz Europa ermöglichen. Wir haben das Glück gehabt, von Silicon Allee, London and Partners, Google for StartUps und Techstars unterstützt worden zu sein. Nichtsdestotrotz kann mehr getan werden, um diversen Gründerinnen zu helfen bei ihrem Start.
Wir sehen immer mehr Unternehmen, die glücklicherweise eine nachhaltige Produktionskette für ihre Produkte nutzen. Was macht es schwierig, dies heutzutage umzusetzen?
Es hat traditionell immer einen Kompromiss zwischen Profit und Planet gegeben. Ich glaube, dass sich dies ändert, da die Marken erkennen, dass die Kunden viel umweltbewusster sind. Dennoch muss Nachhaltigkeit erschwinglicher werden. Jetzt können sich nur diejenigen diese Wahlmöglichkeiten leisten, die ein entsprechendes Einkommen zur Verfügung haben. In dem Maße, wie Nachhaltigkeit immer mehr zum Mainstream wird, muss sie auch für alle verfügbar werden, damit eine wirkliche Veränderung der Gesellschaft stattfinden kann. Dies ist schwierig umzusetzen, weil nachhaltige Lösungen in der Regel teurer sind. Aber je mehr Lösungen erschwinglicher sind, desto größer wird die positive Wirkung sein. Ein weiteres Problem besteht darin, dass auch wenn mehr Unternehmen zu nachhaltigeren Lösungen und Unternehmensstrategien übergehen, gibt es nach wie vor einen Mangel an ausreichender Bildung rund um die Themen Umwelt, Nachhaltigkeit und ökologische Fragen. Leute, die in der Verantwortung stehen für Nachhaltigkeit, benötigen mehr wissenschaftliche Unterstützung oder Ausbildungen, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können, die den Planeten, statt den Profit priorisiert.
Wann musstest du als Unternehmerin das letzte Mal Mut beweisen?
Der Weg eines Unternehmers erfordert jeden Tag Mut. Den Mut, ein Nein zu hören und belastbar zu bleiben und den Mut zu haben, sich durch die anhaltende Unsicherheit zu kämpfen. Es ist eine Reise, die einen völlig aus der eigenen Komfortzone drängt und in eine rasante Achterbahnfahrt wirft. Aber letztlich ist es lohnenswert und lehrt einen viele großartige Lektionen. Ich genieße die Reise und es ist großartig zu sehen, wie weit ich gekommen bin.
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