„Ich brachte keinerlei Vorkenntnisse oder fachliche Expertise mit – weder im Bereich Waxing noch in Sachen Franchise.“

Christine Margreiter, Gründerin von Wax in the City

Credit: Wax in the City


Christine Margreiter, die Gründerin von Wax and the City, war schon immer selbstständig und kennt daher nichts anderes. Ein Großteil ihrer Kindheit und Jugend bestand aus Arbeiten auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Da wurde nicht gefragt, ob man mit anpacken wollte – man tat es einfach. Christine war aber auch früh klar, dass sie irgendwann ihre eigene Chefin sein wollte. „Angestellt sein kam für mich nie in Frage. Das ging direkt nach meiner Matura, dem österreichischen Abitur, los, als ich mit 19 ein Kulturzentrum in Innsbruck mitgründete und Festivals organisierte. Mich reizt die berufliche Herausforderung. Und ich hatte schon immer eine gewisse Leidenschaft für neue Ideen und diese groß zu machen.“ Im Interview gibt sie uns einen tollen Einblick in ihren Werdegang, sowie auch ihre Entscheidung ihre Brand zu einem Franchisesystem auszubauen.

Liebe Christine, nach vielen Zwischenstationen in anderen Branchen hast du dich 2005 mit Wax in the City selbstständig gemacht. Wieviel Expertise hast du in diesem Feld mitgebracht?

Ich war als Kulturmanagerin tätig, habe in der Kulturpolitik gearbeitet und Immobilien- und Architekturmarketing gemacht. Sprich: Ich brachte keinerlei Vorkenntnisse oder fachliche Expertise mit – weder im Bereich Waxing noch in Sachen Franchise. Meine Motivation war immer: Was ich nicht kann, bringe ich mir selber bei oder ich arbeite mit Menschen zusammen, die es besser können als ich. Ich habe mich noch nie vor Neuem oder Risiko gescheut. In Bezug auf WAX IN THE CITY war es vielmehr ein persönliches Bedürfnis, dass der Idee zugrunde lag.

Ich bin dunkelhaarig und fand das ständige Rasieren immer mühsam.

Außerdem habe ich mich schon immer mit Trends beschäftigt und mich faszinierte der Lipstick-Faktor, d.h. wenn es in der Wirtschaft nicht so gut läuft, die Konjunktur nach unten geht oder stagniert, hat das interessanterweise wenig Auswirkungen auf die Ausgaben für Kosmetik. Im Gegenteil: Man gönnt sich vielleicht keine zweite Reise, aber den kleinen Luxus zwischendurch. Ich habe mir immer gedacht, wenn ich eine neue Geschäftsidee umsetze, dann im Beauty-Bereich.

Du warst zu dem Zeitpunkt der Gründung bereits Anfang 40. Gegeben, dass sich heute viele Frauen Gedanken darum machen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Umorientierung ist, was kannst du hier als Tipp mitgeben?

Der richtige Zeitpunkt ist der, an dem sich jemand entschließt, es zu tun. Das Alter spielt keine Rolle, meiner Meinung nach. Man muss die Gelegenheit beim Schopf ergreifen, wenn sie da ist.

Damals war das Thema Waxing in Deutschland ja noch ein Tabuthema und nicht oder kaum besetzt. Wie bist du dieses Thema in Sachen Benchmarking angegangen, wo es ja noch keine Vorreiter in diesem Feld gab?

Das war genau das, was mich an der Idee gereizt hat. Ich bin damals mit meiner Geschäftspartnerin nach Brasilien gereist, um in Rio de Janeiro zu recherchieren. Wir haben uns über diverse Methoden der Haarentfernung informiert und reihenweise Waxing-Studios angeschaut und getestet. Da wir die Methode nicht 1:1 auf den deutschen Markt übertragen konnten, entwickelten wir unser eigenes Konzept. Und probierten viel aus, passten an, optimierten. Generell sind wir sehr opportunistisch an strategische Fragen herangegangen.

Hier in Deutschland gab es einfach keine reinen Waxing-Studios. Nur Kosmetiksalons, die neben vielen anderen Dienstleistungen Waxing-Behandlungen mit anboten. Die Wachsqualität war schlecht und bei der Bikinizone war Schluss, weiter trauten sie sich nicht. Mein Ziel war es, dass wir uns konsequent auf eine Dienstleistung spezialisieren und diese perfektionieren.

Ein reines Waxing-Studio war eine Innovation in Deutschland und es gab keine bestehenden Konzepte, an denen wir uns orientieren konnten. Wir mussten uns also alles selbst erarbeiten, was eine große Herausforderung und viel Learning-by-doing war. Dafür haben wir das „Schmuddelkind der Kosmetik“ auf die Bühne gebracht und die Benchmark im deutschen und europäischen Markt gesetzt.

Zum Thema Anpassen und Optimieren fällt mir noch eine Anekdote ein: Unser erstes Studio war als reines Frauenstudio konzipiert, weil wir nicht geglaubt haben, dass es möglich sei, Frauen und Männer unter einem Dach zu behandeln. Am Tag der Eröffnung beobachteten wir vom Café gegenüber, wie viele Kunden kommen. Dann kam ein Anruf von der Rezeptionistin: Ein Mann im Studio! Er lebte im selben Haus und freute sich, endlich seine lästigen Körperhaare loswerden zu können. Umso enttäuschter war er als erfuhr, dass wir nur Frauen behandeln. Für uns ein Wink des Schicksals, woraufhin wir noch am selben Tag das Konzept änderten und seitdem auch Männer herzlich willkommen sind.

Interessant ist auch, dass du selbst noch keinen einzigen Kunden gewachst hast. Dein Fall und Erfolg bestätigt, dass man selbst als Unternehmer nicht alles selbst machen und können muss, und die Intention hinter dem Business und die Problemlösung ebenfalls zum Erfolg führen kann. Wie siehst du das?

Es kommt vermutlich auf das Business an. In meinem Fall als Unternehmerin ist es nicht wichtig, das Waxing-Handwerk zu beherrschen, sondern zu verstehen, was Kunden wollen, wie Abläufe und Atmosphäre sein müssen, welche Preise angemessen sind und vor allem wie man ein Tabuthema so positioniert, dass es ein selbstverständlicher Teil unserer Körperpflege ist. Mein Ziel war es nie, Waxings selber durchzuführen. Ich kümmere mich um Finanzen, Marketing und Expansion. Die Rolle des/der Unternehmer*in ist eine andere als die des/der Facharbeiter*in. Aber nur mit beiden Rollen kannst du ein Unternehmen aufbauen und führen.  

Schauen wir mal auf euer Franchisemodell: Du bist mittlerweile mit 26 Studios in sechs europäischen Ländern mit über 200 Mitarbeitern und 20 Einzelunternehmern aktiv. Woher kam die Idee, das Konzept zu einem Franchise-System auszubauen?

Wir haben von Anfang an groß gedacht: Grundsätzlich hatten wir die Vorstellung, nicht nur ein Waxing-Studio zu eröffnen, sondern eine Marke zu kreieren, eine Studiokette aufzubauen und zu expandieren. So sind wir erst beide Modelle gefahren: Filialsystem und Franchise. Es hat eine Weile gedauert, aber wir haben dann gelernt, dass das nicht unbedingt zielführend ist, weil es unterschiedliche Organisationsformen sind. Genauso wie wir uns auf eine Dienstleistung spezialisiert haben, konzentrieren wir unser Business-Modell seit ca. drei Jahren auf Franchise, womit wir es in der Branche der reinen Waxing-Studios zur größten Franchisekette in Europa geschafft haben.  


Credit: Wax in the City

Welche Voraussetzungen müssen deine Franchisenehmer haben, um ein Studio unter deiner Brand eröffnen zu können?

Zunächst einmal ist es unabdingbar, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Ohne diesen Willen und die Leidenschaft kann man sich nicht selbstständig machen, denke ich. Außerdem sollte man Freude am Umgang mit Menschen haben, etwas von Servicekultur verstehen und ein kommunikativer Charakter sein, da wir in direktem Kontakt mit Kunden arbeiten – ob in der Kabine, an der Rezeption oder als Studioleitung. Dabei ist es zweitrangig, ob man eine fachliche Ausbildung im Beautybereich mitbringt oder bereits in der Branche tätig ist, wir haben auch viele Quereinsteiger bei uns. Entsprechendes Know-How vermitteln wir in individuellen Schulungen, mit denen wir unsere Partner unter anderem auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit begleiten. Für die Gründung ist zudem ein gewisses Eigenkapital nötig, bei WAX IN THE CITY sollte man mit mindestens € 10.000,- rechnen.

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Eine Gründung ist für sehr viele Unternehmer auch eine ständige Achterbahnfahrt. Welche positive und negative/herausfordernden Moment sind auch heute noch in deinen Gedanken als „Lessons learned“ verankert?

Die Antwort würde den Rahmen des Interviews sprengen! (lacht) Als positives Learning empfinde ich, dass wir die Idee, die eher zufällig bei einem Essen unter Bekannten entstanden ist, innerhalb kurzer Zeit zu einer erfolgreichen Marke umgesetzt haben. Das hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, Dinge anzupacken und einfach zu machen. Dadurch haben wir genau den richtigen Zeitpunkt und das richtige Produkt erwischt. Einer der herausforderndsten Momente passierte im März 2020 als alle Studios aufgrund von Corona schließen mussten.

Was würdest du sagen, ist in der Gründerszene derzeit das größte Problem bzw. hat noch extremem Verbesserungsbedarf?

Es gibt viel zu wenig Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland. Gerade einmal 15 Prozent der deutschen Start-ups werden von Frauen gegründet. Das hat auch mit der gesellschaftlichen Einstellung und strukturellen Problemen zu tun: Doppelbelastung von Familie und Beruf, weniger Verdienst als Männer bei gleicher Arbeit, überwiegend männliche Entscheider auf Investorenseite etc. Hier gibt es definitiv Verbesserungsbedarf, damit Frauen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit weniger Steine in den Weg gelegt werden.

Zusätzlich müsste auch bereits bei der nötigen Grundausbildung in Schule und Universität angesetzt werden, um unternehmerisches Denken zu entwickeln und für das Thema Gründung zu sensibilisieren. Finanzierungs- und Förderungsangebote müssen unkomplizierter und gerechter gestaltet werden und bessere Gründungschancen für Frauen auch auf politischer Ebene erwirkt werden. So lange es gerade für Frauen noch so viele Unsicherheiten gibt, werden die meisten eher das Angestelltenverhältnis suchen als sich selbstständig zu machen.

Unser Franchise-System zum Beispiel kann ein Einstieg sein. Hier ist das Geschäftsmodell schon erprobt und etabliert, man hat als Franchise-Partner eine gewisse Sicherheit ohne großes unternehmerisches Risiko und profitiert von einem bestehenden, starken Netzwerk.

www.wax-in-the-city.com/

@waxinthecity_official

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