Klara Zürcher & Julia Cebreros, Co-Founder von Tadah
Jeder Elternteil, der schon einmal Kinderbetreuung und Business jongliert hat, weiß, wie herausfordernd diese Balance bei Zeiten werden kann. Das betrifft insbesondere Eltern von Kleinkindern, die keinen Kitaplatz haben oder deren Betreuungsoptionen einfach keine Optionen darstellen. Klara Zürcher und Julia Cebreros sind Teil eines Vierergespanns, die basierend auf eigenen Bedürfnissen in Zürich ein Betreuungskonzept auf die Beine gestellt haben, wo Kinderbetreuung und Co-Working-Space vereinbart werden können – und haben damit in Zürich einen Präzedenzfall geschaffen.
Liebe Klara und Julia, Ihr habt zu viert gegründet. Wie habt ihr euch gefunden?
Klara: Ich habe nach dem Studium 10 Jahre als Projektleiterin und Client Service Director in der Werbung gearbeitet. Dann kam erst mein erster Sohn Henry zur Welt, ich arbeitete Teilzeit, zwei Jahre später wurde John geboren. Mit der Schwangerschaft von John kam auch die Lust auf etwas Neues; etwas, das besser kompatibel ist mit meinem Familienleben. Und etwas, bei dem ich trotzdem etwas erreichen kann – auch in Teilzeit. Also habe ich nach neuen Wegen gesucht.
Mit Diana habe ich damals bei einer größeren Zürcher Werbeagentur gearbeitet. Ihr ging es genauso und wir haben hier sofort connected. Auch Julia kenne ich aus dieser Zeit – sie war schon immer eine sehr talentierte Designerin. Was sie anfasst, wird schön. Julia war damals die einzige von uns ohne Kind. Diana wiederum kannte Sarah vom Schwangerschaftsyoga. Sarah kam aus dem Journalismus und Marketing und hatte ebenfalls Lust, etwas Neues auf die Beine zu stellen. Wir haben uns alle vier in einer Pizzeria getroffen und haben uns sofort super verstanden. Das Schöne an dieser Konstellation war besonders auch während der Monate kurz vor der Eröffnung, als Julia dann auch bereits Mutter war: Wir wissen alle, wie es ist, mit Kindern etwas aufzubauen. Es ist nicht immer einfach. Mal hat die eine fast nichts geschlafen, mal kann die andere nicht telefonieren. Wir stützen uns. Und auf diese Weise rocken wir (fast) alles. Es ist schön, dieses Verständnis zu spüren. Das macht uns auch aus als Team.
Gestartet seid ihr mit einem Onlinemagazin. Wie kam der Shift zum Co-Working- Space und wie habt ihr das Signal wahrgenommen, dass es in eurem Netzwerk gebraucht wird?
Julia: Wir sind für unser Magazin zu Frauen (und manchmal auch Männern) nachhause gefahren und haben sie gefragt, wie das alles machen und wie sie alles mit Job, Familie, Me-Time auf die Reihe bekommen. Die Antwort war bei allen dieselbe: Es bedarf enormer Organisation. Gewisse Konstrukte waren nur dann möglich, wenn Oma und Opa bei der Betreuung fest mithalfen. Viele dieser Frauen hatten ihre Management-Jobs aufgegeben und ein eigenes Business gegründet, da dies besser kompatibel war und sie mehr von daheim aus arbeiten konnte. Wir haben dann gemerkt, dass es einen Raum bedarf, wo man flexibel einchecken kann, und das dann, wenn man einen Job hat und nicht dann, wenn man den KiTa- Platz gebucht hat. Das hätte ich auch selbst gebraucht – ironischerweise gerade in der Phase, in der wir den Coworking-Space aufgebaut und eingerichtet hatten. Beispielsweise an Tagen, wenn der Handwerker kam und am nächsten Tag die Möbelfirma, die Oma aber weit weg lebte und mein Mann ebenfalls Termine hatte. Überhaupt ist das Jonglieren mit Terminen ja das wahre Ermüdende, wenn man Kinder hat. Man möchte allem und allen gerecht werden und hat am Schluss trotzdem noch allen gegenüber ein schlechtes Gewissen. Ein sehr unschönes Gefühl, welches wir anderen ersparen wollten.
Gab es von Anfang an eine Art Arbeitsaufteilung oder haben sich die Zuständigkeitsbereiche im Laufe ergeben?
Klara: Die Aufteilung beim Magazin und auch im Space ergab sich aus den jeweiligen Talenten. Wobei eine jede von uns auch Aufgabenbereiche hat, die nicht zwingend in unserer Komfortzone sind. HR ist nicht jedem in die Wiege gelegt worden, so auch nicht Sales oder IT und Finanzen. Aber auch hier: Wir sind nicht alleine, wir sind zu viert. Wenn man wo ansteht, dann hat man drei andere, die man fragen und um Hilfe bitten kann. Ich hätte dieses Unterfangen nie mitgemacht mit jemandem, der beispielsweise keine Kinder hat. Mir war wichtig, dass ich mich nicht jedesmal erklären und ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn halt mal was nicht wie geplant läuft. Da ist ein Verständnis vorhanden, welches man eben in der Berufswelt nicht oft findet.
Führt uns bitte knackig durch die ersten Schritte eurer Gründung. Musstest ihr besondere Auflagen erfüllen oder Lizenzen einholen, um euren Co-Working Space eröffnen zu können?
Julia: Als wir die Businessidee «Coworking mit Kinderbetreuung» hatten, haben wir sie mit einem befreundeten Investor angeschaut. Die Idee gefiel ihm. Also haben wir uns hingesetzt und einen Businessplan geschrieben, was jetzt einfacher und schneller klingt, als es tatsächlich war. Aus diesem Businessplan heraus haben wir ein circa zehnseitiges Teaser-Deck abgeleitet. Dies enthielt alle wichtigen Punkte und sollte die Investoren schmackhaft machen auf mehr. Dieses Deck haben wir dann an viele Investoren geschickt und durften es bei den meisten von ihnen danach auch persönlich vorstellen. So kamen wir Schritt für Schritt der Summe näher, die wir benötigten. Als wir neun Monate später alles beisammen hatten, haben wir alle unseren Job gekündigt. Im nächsten Schritt mussten wir bei der Stadt abklären lassen, ob wir für unser Konzept eine Kita gründen und entsprechende Auflagen erfüllen müssen. Wir mussten das nicht, da die Eltern unter demselben Dach arbeiten würden, wie die Kinder betreut werden. Dann hatten wir noch diverse bauliche Auflagen, die alles immer doppelt so teuer und langsamer umsetzen sollten wie geplant. Irgendwann standen wir dann plötzlich einen Monat vor der Eröffnung und dann ging es rund.
Wie habt ihr euer Konzept finanziert?
Klara: Mit Investorengeldern. Als wir die beisammenhatten, setzten wir den Startschuss für unsere Crowdfunding-Kampagne, die man hier einsehen kann: www.wemakeit.com/projects/tadah. Wir wollten 70.000 CHF generieren und dachten noch: Was für ein ambitionierter Betrag. Herauskamen 77.000 CHF. Ein großer Erfolg also.
Übernehmt Ihr mit eurem Konzept auch das einer Krippe, sprich, man kann die Kinder bei euch für ein paar betreute Stunden lassen und extern Termine wahrnehmen, oder müssen die Eltern immer im Gebäude anwesend sein?
Julia: Wir übernehmen mit unserem Konzept sehr viel einer Krippe. Man könnte sogar sagen, fast alles. Wir haben ein eigenes Betreuungskonzept, Hygienemaßnahmen, Sicherheitsmaßnahmen, etc. Der Unterschied: Bei uns kann man die Kinder flexibel bringen. Nicht nur an einem bestimmten Wochentag. Generell müssen die Eltern aber bei uns im Coworking Space arbeiten, zwei Stockwerke weiter oben. Aber sie können auch externe Termine wahrnehmen, zum Beispiel an auswärtigen Meeting teilnehmen. Hierfür stellen wir sogar Fahrräder zur Verfügung. Dies gilt für einen maximalen Zeitraum von vier Stunden. Dasselbe gilt natürlich für die Kinder. Sie sind auch nicht die ganze Zeit im Kids Space oder auf unserem Spielplatz, sie gehen auch spazieren mit den Betreuerinnen und dürfen ein paar Stunden pro Tag aus dem Haus sein. Hier koordinieren wir natürlich genau, damit die Kinder dann auch wieder zurück im Kids Space sind, wenn die Eltern fertig gearbeitet haben.
Wie flexibel seid ihr in der Buchung für eure Kunden? Kann man morgens buchen und am Nachmittag seine Kinder vorbeibringen bzw. Plätze zum Arbeiten sichern?
Klara: Generell gilt: Man sollte 48 Stunden im Voraus den Betreuungsplatz buchen. Aber da wir wissen, dass Notfälle eben nicht einplanbar sind, kann man bei uns auch kurzfristig anrufen. Wenn wir noch Platz und Kapazitäten haben, geht das problemlos.
Wie nehmt ihr die Unterstützung der Behörden wahr?
Julia: Mit unserem Konzept haben wir einen Präsedenzfall geschaffen. Die Behörden haben aber zeitnah und klar kommuniziert und haben uns hierbei unterstützt.
Habt ihr konkrete Expandierungspläne in absehbarer Zeit?
Klara: Die Covid-19-Krise hat uns momentan einen Strich durch die Expansions-Rechnung gemacht. Vorerst. Aber wir arbeiten weiterhin nach unserem Motto «empowering» parents. Weil wir eben selbst auch sehr froh um solche Ideen sind, die aus Bedürfnissen heraus entstehen und damit auch welche abdecken.
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