Stephanie Scanlon, Hairstylist
Es verschlägt mich nicht sehr oft in diese Gegend, aber jetzt wo ich serpentinenmäßig die noble Wohngegend in Bel Air hochfahre, merke ich dass mein Puls etwas ansteigt. Nervosität tut sich auf, wohlwissend, dass ich womöglich gerade an dem ein oder anderen Wohnsitz eines Hollywood Stars vorbeifahre. Es ist die Nahbarkeit und die Aura, die ich mit jedem Meter mehr und mehr zu spüren bekomme. Irgendetwas zieht mich hier magisch an. Vermutlich der Drang nach Selbstverwirklichung, der hier im höchsten Maße gelebt wird. Man spürt den absoluten Erfolg, der sich hinter diesen Millionenvillen verbirgt.
Ich bin auf dem Weg zu einem Interview mit Stephanie Scanlon. Sie ist eine der Deutschen, die vor einigen Jahren mit einer großen Vision in die Traumschmiede Los Angeles gefunden haben und der Inbegriff dessen, was hier so alles möglich ist. Stephanie ist Hairstylistin, Beautyfee und dabei viel mehr als eine simple Friseurin – darüber sollte ich aber noch mehr in unserem Interview erfahren. Mittlerweile ist sie schon seit über 25 Jahren im Geschäft und seit circa 20 Jahren in Los Angeles; hat Dinge erlebt, die sie heute noch zum schmunzeln bringen und Fehler gemacht, die heute noch ihren Kopf schütteln lassen. Durch harte Arbeit hat sich Stephanie einen bemerkenswerten Kundenstamm von weltbekannten Musikern, Schauspielern, Models und Hollywoodpersönlichkeiten aufgebaut.
Als ich in ihrer Bel Air Villa ankomme, steht sie schon auf dem Balkon, winkt mir freundlich zu. Ihr Haus ist etwas versteckt, doch mit sehr toller Lage in einer sehr ruhigen Straße. Ich sehe ihren schwarzen Border Collie neben ihr über die Reling spicken. Zwei Minuten später steht sie schon in der Haustür, eine Begrüßung mit herzlicher Umarmung folgt. „Es tut so gut Deutsche um sich herum zu haben. Das ist doch immer wieder ein Stück Heimat. Komm rein!“.
Ihre Wohnräume sind sehr großzügig, ein riesiges Wohnzimmer mit offener Küche und riesigen Fenstern, die den Ausblick auf ihren Garten mit Swimmingpool und einer unglaublich schönen Aussicht auf das Meer zeigen. „Das da hinten ist Santa Monica. Heute ist es etwas vernebelt, aber bei schönen Tagen kann man bis aufs Meer und die Stadt schauen.“ Ich bin hin und weg. Ihr Garten hat einen schön gepflegten Rasen, drei Sitzecken an verschiedenen Stellen, perfekt platziert. Also hier würde ich meine Zeit auch super verbringen können. „Ja, mein Mann und ich sind sehr gerne daheim. Wir sind nicht mehr so diejenigen, die jeden Tag unterwegs sind. Nach 20 Jahren Los Angeles habe ich einfach genug vom Verkehr. Ich bin stattdessen lieber die Gastgeberin und liebe tolle Treffen mit unseren Freunden. Das ist einfach gemütlicher und stressfreier für uns“. Wir nehmen im Wohnzimmer auf einer großen braunen Ledercouch Platz und kommen sofort ins philosophieren – so wie es eben nur bei zwei Selbstverwirklichungsjunkies passieren kann. Es ist toll zu sehen, wie viele Gemeinsamkeiten wir doch haben, obwohl wir aus zwei total unterschiedlichen Richtungen kommen. Sie ist die Beautyqueen mit einem Klientel, das sich so einige heutzutage wünschen würden und ich bin die Journalistin, die von solchen Geschichten gar nicht genug bekommen kann.
“Ich komme ursprünglich aus einer Kleinstadt nahe Hamburg – Ratzeburg. Ich habe dort meine Lehre als Friseurin innerhalb von zwei Jahren schon beenden können, im Normalfall sind das ja immer drei. Ich war damals schon so angetrieben und hatte so viel Spaß dabei, dass das bei mir wirklich im Schnelldurchgang ging. In der Schule war ich aber früher eine sehr durchschnittliche bis schlechte Schülerin, da ich einfach keine Lust auf all das hatte. Englisch war mein schlechtestes Fach, hatte immer vieren und fünfen.“ Der Traum von der Friseurin war aber etwas ganz anderes. Da war Leidenschaft im Spiel, erzählt sie mir. Das sei das gewesen, was sie immer machen wollte. „Ich wollte als Maskenbildnerin an das Theater, Hexennasenmasken machen und ausgefallene Frisuren. Ich wollte auch beim Film arbeiten. Das war immer mein großer Traum. Dieses Ziel hat mich immer angetrieben und ich habe nicht nach links und rechts geschaut. Ich habe das alles verschlungen und immer dazugelernt.“
Nach ihrer Ausbildung und mit einem Gesellenbrief in der Tasche ging Stephanie dann nach Hamburg und heuerte bei Promi-Stylistin Marlies Möller an. Sie war zu der Zeit schon eine DER Adressen des oberen Segments. „Natürlich hatte ich so meine Traumvorstellung: Ich gehe dort hin, stelle mich vor und kann gleich so zeigen was ich draufhatte. So einfach war das aber dann doch nicht. Ich wurde zwar angestellt, aber erstmals nur als Assistentin und nicht als Hairstylistin. Mein erster kleiner Rückschlag, aber den konnte ich ganz gut wegstecken, gegeben, dass ich damit den Fuß in eine der Topadressen bekommen konnte. In diesem Salon hatte ich das Glück, dass ich Heiko Bott, einem unglaublichen talentierten Friseur und tollem Menschen, assistieren durfte. Ich war damals gerade zarte 18 Jahre alt. Wir haben viel gelacht und sehr viele Kunden gemeinsam betreut, sodass ich mein Friseurhandwerk essentiell bei ihm gelernt hatte. Hier konnte ich die Basics, die ich aus meiner Ausbildung mitgebracht hatte, erst so richtig ausfeilen und die Feinheiten, das Geschick, das Färben und die Frisuren lernte ich dann von ihm. Ich würde auch heute sagen, dass er mein erster Mentor war. Heiko Bott hatte auch damals auch schon die ganze High-Society-Klientel, was mir sicherlich die Berührungsängste mit ihnen schon ziemlich früh genommen hatte. Ich durfte am Anfang die Haare waschen und dann Föhnen. Um meine Skills auszubauen, habe ich mir oft noch nach Feierabend den Frisurkopf hergenommen und viel ausprobiert. Ich war wie ein Tier in dieser Artistikblase. Ich habe viel gearbeitet, aber mir hat das auch unglaublich viel Spaß gemacht. Irgendwann durfte ich dann auch selbst Hand anlegen und habe meine eigenen Kunden bekommen. Mir ging so richtig die Düse, aber ich habe vieles an Nervosität auch einfach überspielt. Ich wollte es mir nicht anmerken lassen, denn ich wusste, nun ist meine Zeit gekommen zu zeigen was ich kann.“
Credit: Stephanie Scanlon
Stephanie erzählt mir, sie habe so vieles falsch gemacht in ihren Anfängen, aber war Gott sei Dank auch immer in der Lage aus ihren Fehlern zu lernen. „Ich habe so viel verschnitten, verfärbt und meinen Kunden sogar ins Ohr geschnitten. Natürlich resultierten diese Aktionen dann auch in Standpauken meiner Chefs. Das tolle war, dass ich trotz allem meinen Posten behalten durfte und mir damals schon der Raum gegeben wurde, dass ich aus meinen Fehlern lernen konnte. Ich war ja noch eine Jungfriseurin. Dafür bin ich heute noch sehr dankbar.“
Nach und nach baute sich die Ratzeburgerin somit ihren eigenen Kundenstamm auf und ihr wurde immer mehr zugetraut. „Ich wurde nach Frankreich und Griechenland zum arbeiten geschickt und wurde besser und besser. 1998 kam dann der große Sprung für mich und ich ging nach Los Angeles um für ein Jahr auf dem Rodeo Drive zu arbeiten. Ich hatte glücklicherweise einen Hairstylisten gefunden, der mir ein Trainee-Visa gesponsert und mir somit ein tolles Sprungbrett ermöglicht hatte. Meine Zeit war dort jedoch nicht so rosig wie ich sie mir am Anfang ausmalte, denn mit dem Team, mit dem ich dort zusammenarbeitete, kam ich überhaupt nicht klar – oder eher sie nicht mit mir. Ich wurde nicht akzeptiert und wurde sehr gemobbt. Mehrere Male hatte ich mir überlegt alles hinzuschmeissen, jedoch machte ich mir immer wieder bewusst, dass dieses Jahr für mich mehr war, als nur ein Job. Es war für mich ein Teil einer großen Vision, die für mich viel wichtiger war, als ein paar Menschen, mit denen ich temporär nicht klarkam. Also zog ich es durch, blieb stark und setze mich auch immer mehr für mich selbst ein. Ich wusste, was ich konnte und ich wusste auch, dass ich viel mehr drauf hatte, als die Assistentin eines Hairstylisten zu sein. Wenn ich am Abend ausging, verteilte ich meine Visitenkarten und baute mir so meinen eigenen Kundenstamm auf. Die Leute kamen zu mir in den Salon und wollten von mir bedient werden. Meinen Kollegen passte das natürlich überhaupt nicht, aber da der Kunde König war und mein Chef mich nach wie vor unterstütze, ließ er es zu. Ich etablierte mich also immer mehr für meine Arbeit.
Das Jahr ging schnell vorbei und ich wurde immer erfolgreicher. Als der Zeitpunkt kam, an dem ich mir überlegen musste, was nach dem einen Jahr Traineeship passieren sollte, dachte ich mir: ich wäre ja wahnsinnig, wenn ich jetzt nach Deutschland zurückgehen würde – jetzt wo alles so gut lief. Die Amerikaner schätzten mich für mein Talent und die Trinkgelder waren sogar so großzügig, dass ich allein davon leben konnte. Es wäre also eher ein Rückschritt für mich gewesen, wieder dorthin zurückzugehen, wo ich nochmals bei Null hätte anfangen müssen mit einem Gehalt, dass der Arbeit von Friseuren keine Rechtfertigung bietet. Also blieb ich für weitere 16 Jahre in diesem Salon und habe rund um die Uhr gearbeitet. Über sechs oder sieben Jahre hielt ich eine 70 Stunden Woche. Aber es hatte mir einfach unglaublich Spaß gemacht, nicht zuletzt weil mein Erfolg mir recht gegeben hatte und ich entsprechend finanziell auch aufsteigen konnte. Das Geld floß bei mir so rein und ich hatte aufgrund meiner Arbeitszeiten nicht mal die Möglichkeit es wirklich auszugeben. Mit meiner großzügigen Kundschaft kamen somit auch die ausgefalleneren Angebote. Ich habe Kunden aufgebaut, die mich als Familienmitglied in Urlaube mitgenommen haben und mich stolz ihrem Umfeld als ihre Hairstylistin vorgestellt hatten. In Deutschland wäre das nie vorstellbar gewesen. Da ist der Job der Friseurin so abwertend gesehen.“
Credit: Stephanie Scanlon
Eine große Unterstützung wäre für Stephanie auch immer ihre Familie gewesen, erzählt sie mir. „Sie haben mir immer den Rücken gestärkt, mich aufgebaut und ich wusste, wenn irgendetwas passieren sollte, ich konnte immer zurückgehen. Ich denke, dass machte mich letztendlich auch so furchtlos und ich war in der Lage meinen Kopf durchzusetzen. Ich bin davon überzeugt, dass man mir diese Entspanntheit auch angemerkt hatte. Ich kam niemals mit der Einstellung „Ich brauche dich unbedingt als Kunden, ansonsten riskiere ich meinen ganzen Plan“ in den Salon, sondern war immer sehr entspannt und herzlich im Umgang mit jedem, mit dem ich zusammenarbeitete.“
Den Sprung in die Selbstständigkeit wagte Stephanie dann dann nach 16 Jahren am Rodeo Drive im Jahr 2014. „Ich konnte mich sehr glücklich schätzen, denn ich konnte meine ganzen Kunden auch mitnehmen und hatte somit eine gute Basis. Ganz von vorn anfangen zu müssen, wäre der Horror gewesen, da man sich in einer solch mit Talent geladenen Stadt wie Los Angeles erstmals beweisen muss. Allein in Beverly Hills gibt es über 164 Friseursalons. Ich hatte aber auch ein gutes Standbein, da ich aufgrund meiner Geduld und Gelassenheit mit der Zeit immer die Problemkunden bekommen hatte. Und das aus den verschiedensten Winkeln: Problemhaare, verschnittene Frisuren, die ich wieder ausgleichen musste, aber natürlich auch die Menschen selbst, die nicht immer ganz einfach zu handhaben waren.“
Kunden zu bekommen, sei immer relativ einfach gewesen; sie zu behalten im Gegenzug die größere Herausforderung. Das funktionierte eben nur mit Professionalität und guten Ergebnissen, erzählt sie mir. „Viele der Celebrities kannte ich am Anfang gar nicht, da ich hier in LA nie wirklich ferngesehen und auch keine Klatschmagazine gelesen habe. Ich erinnere mich immer gerne an den Moment zurück, wo ich meine Kundin als Gewinnerin eines Golden Globes auf der Bühne gesehen habe und ich aus allen Wolken fiel, denn mir war nicht bewusst, dass sie eine etablierte Schauspielerin war.
Ich bin so stolz auf das, was ich erreicht habe. Jetzt bin ich auch in der Lage, mir die guten Angebote aussuchen zu können und ausschließlich dann zu arbeiten, wenn ich möchte. Das heißt, ich suche mir nur die Top-Kunden mit dem Top-Budget aus, mit den tollen Projekten, den tollen Reisen. Das ermöglicht mir auch, dass ich meinen Fokus etwas schiften und mein Arbeitspensum herunterschrauben kann. Ich kann jetzt zurückzugeben, ohne dass ich mein Job nun komplett aufgebe. Ich möchte auch mit meiner Expertise immer mehr als Mentorin tätig sein, für die die sich dort befinden, wo ich noch vor 20 Jahren war. Aus diesem Grund habe ich vor ein paar Monaten ein weiteres Herzensprojekt ins Leben gerufen: das Hollywood Beauty Magazine.
Im Gegensatz zu anderen Online-Magazinen hat hier JEDER die Möglichkeit sich und sein fachliches Wissen zu präsentieren. Ich beschäftige keine Journalisten für die Inhalte von HBM, sondern veröffentliche ausschließlich Beiträge von Leuten, die in eigenen Worten etwas über die Welt der Schönheit lernen, lehren, schreiben, lesen, sagen und hören möchten. Dadurch ermöglicht dieses Beauty-Netzwerk einer kleinen Friseurin, die im kleinen Laden in einer Kleinstadt arbeitet, zu zeigen was sie kann und wer sie ist. Für Profis der Schönheitsbranche wie z.B. Friseure, Kosmetiker, Ernährungsberater und Fitnesstrainer bietet HollywoodBeautyMagazine.com an, neue Kundengruppen anzusprechen. Der Verbraucher hingegen findet neben jeder Menge Informationen, Tipps und Frage-Plattformen auch die Möglichkeit einen Beautyprofi seines Vertrauens ausfindig zu machen. Mit HBM zeigen wir nun dem Nachwuchs, dass jeder das Potenzial in sich trägt und auch die Jungfriseurin, wie ich damals eine war, ebenfalls die Chance hat, sich etwas großes aufzubauen. Letztendlich starten wir alle mit der gleichen Basis: der Vision von etwas ganz großem. Es liegt lediglich an uns sie umzusetzen.”
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