„Die vielen Jobs, die ich hatte, haben mir auch die dunklen Seiten dieser Branche gezeigt.“

Sabinna Rachimova, Gründerin von SABINNA

Credit: SABINNA


Wie man näht, häkelt und strickt hat Sabinna Rachimova, die Gründerin des Labels SABINNA, als Kind bereits von ihrer Großmutter gelernt. Schon damals wollte sie ihre Zukunft mit dieser Art von Handwerk verbinden. Erst später hat sie verstanden, dass Mode eine ganze Branche ist, bestehend aus komplexen Konstrukten und Konzepten. „Meinen ersten Sommerjob hatte ich mit 14 und seitdem habe ich alles Mögliche in der Modebranche gemacht – unzählige Jobs, manche waren spannend, andere wiederum weniger. Ich habe dann auch Modedesign an der renommierten Central Saint Martins studiert und in dieser Zeit ist mit bewusst geworden wie viel in der Modewelt falsch läuft.“ Wenig bis keine Transparenz, wenig Inklusivität und beinahe keine Gleichberechtigung, waren unter Anderem die Dinge, die sie an dieser Industrie gestört hatten. Mit SABINNA hat sie nun ihr eigenen Fashionlabel gegründet, um die Modebranche zu challengen und zu zeigen, dass es auch anders geht.

Liebe Sabinna, du wurdest in der UdSSR geboren, bist in Österreich aufgewachsen, hast dich aber nun mit deinem Business in England niedergelassen. Gegeben, dass London eine der Mode-Hotspots ist und entsprechend die Konkurrenz auch größer – warum war London trotzdem der richtige Ort dafür?

Die Frage, warum ich in London gelandet bin, wird mir oft gestellt – und die Antwort überrascht viele. Ich habe mich nach meinem Abitur (in Österreich Matura) an der Universität für Angewandte Kunst beworben und wurde nicht genommen. Ich hatte nie vor Wien zu verlassen und wollte eigentlich immer dortbleiben, studieren und später ein Modelabel gründen. Nach der Absage musste ich aber meine Optionen neu angehen.

Ich habe mich dann zuerst nach Jobs umgesehen und begonnen Slawistik zu studieren. Ich bekam dann die Möglichkeit beim Wiener Label Schella Kann zu arbeiten. Diese Erfahrung hat mein Leben verändert. Die Frauen hinter Schella Kann, Anita und Gudrun, haben mich dazu motiviert, mich an einer Universität außerhalb von Wien zu bewerben. In einem Moment von Übermut und überraschend aufgekommenen Selbstbewusstsein, habe ich es gewagt mich gleich an der besten Uni der Welt zu bewerben – dem Central Saint Martins. Long Story Short: Ich wurde genommen und bin nach London gezogen.

Nach dem Studium und weiteren Berufserfahrungen in London, habe ich hier bereits ein gutes Netzwerk aufgebaut. In der Wiener Modeszene war ich jedoch fremd. So habe ich beschlossen den Fokus auf London zu setzen aber trotzdem auch ein Standbein in Wien aufzubauen. Heute sind SABINNA’s drei Hauptmärkte: UK, Deutschland und Österreich.


Bevor du dein eigenes Business gegründet hast, hast du bereits für große namhafte Designer wie Christian Dior gearbeitet. Was hast du von dieser Erfahrung mitgenommen, im positiven und negativen Sinne und was möchtest du als Unternehmerin anders machen?

All diese Erfahrungen waren sehr wertvoll, aber ich habe ganz schnell gemerkt, dass ich einiges anders machen würden. Natürlich hängt vieles von der Größe des Unternehmens ab und so kann man das day-to-day business von SABINNA schwer mit dem von Dior vergleichen. Dennoch konnte ich vieles auf den Weg mitnehmen und auf das erworbene Wissen später zurückgreifen. Bei Dior war zum Beispiel der Fokus auf Handarbeit und hochwertige Materialien sehr inspirierend. Ich habe im Strick Department gearbeitet und konnte dort sehr viel dazu lernen.

Die vielen Jobs, die ich hatte, haben mir aber auch die dunklen Seiten dieser Branche gezeigt. Eines der Probleme ist zum Beispiel die hierarchische Struktur und all die Benachteiligungen und Diskriminierungen, die damit verbunden sind. Es hat mich gestört, dass so wenige Frauen in Leadership Positionen zu sehen waren, oder, dass es Unternehmen gab, die ihre Praktikanten nicht bezahlen wollten. Auch die ungesunden Arbeitszeiten und die unrealistischen Erwartungen gegenüber den Teammitgliedern fand ich eher fraglich.

Bei SABINNA achten wir darauf, dass sich alle wohl fühlen, immer für ihre Arbeit entschädigt werden, niemand Angst haben muss ihre Meinung zu äußern und dass ein guter Ausgleich zwischen privatem und beruflichem Leben herrscht. Als Gründerin muss ich verstehen, dass ich nicht davon ausgehen darf, dass alle im gleichen Rhythmus mit anpacken wie ich und dieselbe Anzahl an Stunden wie ich in dieses Unternehmen stecken müssen.

Zu welchem Zeitpunkt hast du entschieden, alternative Verkaufsstrategien für deine Mode anzuwenden?

Nach der dritten Saison. Als ich an der Central Saint Martins studiert habe, wurde uns viel vermittelt, dass es nur ein paar Optionen gibt was Businesses Konzepte betrifft: Wholesale, Modenschauen auf Fashion Weeks. Unendliche Skalierung – all das waren die sogenannten Empfehlungen für das erfolgreiche berufliche Leben. Ich habe anfangs versucht genau diesen Weg zu befolgen und war nach zwei Jahren komplett ausgelaugt, erschöpft und habe auch nicht mehr den Sinn hinter meiner Arbeit gesehen. Was furchtbar traurig war, da ich ja mit dem ganzen begonnen habe, weil ich eine echte Leidenschaft für Handarbeit hatte und auch unbedingt etwas bewirken wollte mit alternativen Konzepten und besseren Produkten.

So habe ich beschlossen alles umzukrempeln, alles zu hinterfragen, meine eigene Stimme in dem ganzen zu finden und einfach mir selber und meinem Mindset treuer zu sein. Ich hatte die Antworten in meinem Kopf, ich hatte nur immer zu viel Angst diese laut auszusprechen und ins Praktische umzusetzen. Und als wir mal losgelegt haben mit den innovativen Konzepten, gab es kein Stoppen mehr. Und heute können wir stolz sagen, dass wir uns als eine Brand etabliert haben, die vor Veränderungen nicht zurückscheut, immer für Innovation pusht und sich jede Saison auf neues einlässt – und all das mit dem Beibehalten unserer Grundwerte.

Du mixt im Verkauf traditionelle Fashion kombiniert mit zukunftsbasierter Technologie. Was macht dein Konzept so besonders und wie profitieren deine Kunden davon? 

Das Besondere ist, dass wir mehr als nur nachhaltige Produkte anbieten. Es ist vor allem die Kombination aus nachhaltigen Produkten, Online-Experiences und einem bildenden Denkansatz, die SABINNA zu dem macht was es ist. Unsere Kunden wissen, dass man bei uns mehr als nur nachhaltige Produkte bekommt und schätzen das sehr.

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Welche Reaktionen nimmst du unter deinen Kunden wahr?

Unsere Kunden schätzen es sehr, dass wir authentisch sind, wirklich hinter dem stehen, was wir sagen und dass wir bereit sind, unermüdlich den Status Quo zu hinterfragen und unsere Erkenntnisse transparent zu teilen. Wir sind sehr dankbar, dass wir in den letzten Jahren so eine tolle Community aufbauen konnten. Das Feedback unserer Kunden hat letztendlich ja auch viel dazu beigetragen, dass SABINNA heute das ist was es ist.

Als wer und welche Brand möchtest du in Zukunft in deiner Nische und bei deinen Kunden wahrgenommen werden?

SABINNA challenged die Modebranche, hinterfragt existierende Konzepte und fokussiert sich auf Nachhaltigkeit, die nicht beim Produkt endet. Wir wollen mit unserem Konzept zeigen, dass lokale Produktion, digitale Innovation, ein Fokus auf die Community und Transparenz die zukunftsweisenden Aspekte unserer Branche sind. Ich möchte, dass wir auch in Zukunft weiter in diese Richtung ausbauen können und so viele Menschen wie möglich mit auf den Weg nehmen können.

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@sabinna_com

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