Anna-Lena Klein, Gründerin von Lill´s Organic Dog Store
Die Idee „was wäre, wenn ich mein Wissen für ein eigenes Unternehmen einsetzen würde“, schwirrte Anna-Lena Klein schon einige Zeit im Kopf herum, bevor sie die passende Produktidee dazu hatte. Alles begann mit der Idee für den Hundebademantel. Das war 2016, als Anna-Lena mit ihrer damals 2-Jährigen Golden Retriever Hündin Lilly noch in Griechenland lebte. Heute führt sie mit Lill´s Organic Dog Store einen fairen Shop für Hundebademäntel, Hundespielzeug und -zubehör. Wir fanden das Konzept sehr interessant und haben mit Anna-Lena über ihre Gründungsgeschichte gesprochen.
Was hast du vor deiner Selbstständigkeit gemacht?
Ich war als Online Marketing & Social Media Strategie Beraterin selbstständig tätig und habe Kunden international und in verschiedensten Branchen unterstützt erfolgreicher zu werden. Das bedeutet, ich habe Jahrelang anderen Unternehmen erklärt wie sie Online Marketing & Social Media erfolgreich einsetzen, bevor ich mein Wissen für mein eigenes Unternehmen einsetzte.
Wann kam die Idee zu deinem Businesskonzept?
Wir wohnten in Griechenland in Strandnähe und meine Wasserratte war jeden Tag im Meer baden. In Griechenland ist es fast das ganze Jahr so warm, dass das Hundefell innerhalb kurzer Zeit wieder trocken ist, aber Sand und Salzwasser sollte man immer mit klarem Wasser abspülen. Das Salzwasser kann die Haut austrocknen und zu Juckreiz führen und den Sand will man einfach nicht Zuhause haben. Also ging es für Lilly jeden Abend unter die Dusche und jeden Abend hatte ich einen nassen Hund, der sich in der Wohnung genüsslich schüttelte. Ganz egal wie gut ich sie vorher mit einem Handtuch abrubbelte, die restliche Feuchtigkeit reichte immer aus, dass ich Wasserspritzer bis an die Decke hatte. Von meinen Fenstern oder anderen Möbelstücken will ich gar nicht reden.
Ich hatte also ein Problem, nahm das aber Jahrelang so hin, weil ich nicht wusste, dass es dafür eine Lösung gibt: Einen Hundebademantel. Er zieht nicht nur die Feuchtigkeit in kürzester Zeit aus dem Fell, er fängt sie auch beim Schütteln ab. Ich schaute ein Video auf YouTube, als darin ein Hundebademantel vorgestellt wurde. Ich weiß noch mein erster Gedanke war „was für ein Quatsch“ und ich erinnere mich noch genau, wie ich das Video beendete, denn ich gehöre nicht zu den Menschen, die „Kleidung“ für Ihren Hund kaufen. Und dann war ich doch neugierig und startetet das Video erneut. Sekunden später war ich begeistert und wusste ich brauche einen Hundebademantel! Sofort! Wie konnte ich je ohne leben? Ich hätte mir so viele Stunden Putzen erspart. Also machte ich mich mit maximaler Kauf- und Zahlungsbereitschaft online auf die Suche und wurde einfach nicht fündig. Farben, Material… nichts gefiel mir so richtig und dann meldete sich das Waldorfkind in mir und flüsterte mir „Das kannst Du besser“ ins Ohr. Die Idee war geboren.
Als es an die Auswahl des Materials ging wurde mir klar, dass ich nun Verantwortung trage, denn es ist das Eine, ein einzelnes Teil zu kaufen oder etwas in großer Stückzahl produzieren zu lassen. Und als mir dann klar war, dass ich ein GOTS-zertifizierten Bio-Frottee verwenden wollte, war es für mich nur noch logisch auch weitere Produkte nach Nachhaltigkeits-Kriterien auszuwählen. Das „Green Dog“ Konzept entstand aus meiner eigenen Überzeugung und dem Bewusstsein für die Verantwortung, die ich als Unternehmerin trage. Dass es eine Marktlücke war und so viel Nachfrage bestand, war mir damals nicht klar. Das war Zufall. Rückblickend bestätigt mich das darin, dass man immer dann Erfolg hat, wenn man selbst mit Leidenschaft und Überzeugung hinter seinen Produkten steht.
Würdest du deine Vision zur Selbstständigkeit als ein bewusst-durchdachtes Vorhaben beschreiben oder etwas, das sich nach und nach so ergeben hat?
Ich war ja bereits vorher schon viele Jahre selbstständig und hatte keine Zweifel diesen Schritt mit einem neuen Business erneut zu machen. Zumal ich bereits drei Jahre vorher einen Hundeblog gestartet hatte, dessen Reichweite mir den Start sehr vereinfachte. Meine Selbständigkeit als Beraterin musste ich auch nicht von heute auf morgen aufgeben, ich startete Lill’s nebenher und konnte mir meine Zeit selbst einteilen. Auch heute mach ich noch das eine oder andere Kundenprojekt, aber viel Zeit bleibt mir dafür nicht mehr. Mit einem Vollzeitjob im Angestelltenverhältnis wäre der Start von Lill’s sicher schwieriger gewesen.
Wie lange hat es gedauert bis du das erste Model ready für den Verkauf hattest?
Über 1,5 Jahre. Den richtigen Stoff zu finden war mit eine der größten Herausforderungen in diesem Prozess. Ich reiste bis nach Paris auf eine Stoffmesse, um meinen perfekten Bio-Frottee Stoff zu finden. Es war immer wieder frustrierend und mehr als einmal stellte ich mir die Frage, ob es der Mehraufwand für ein nachhaltiges Produkt am Ende Wert sein würde.
Nun hattest du deinen eigenen Hund als Model für deinen ersten Entwurf. Wie herausfordernd war es für dich Schnittmuster und Modelle für andere Hunderassen zu entwerfen?
Auch der erste Schnitt war wirklich nicht einfach für mich! Alles was ich an Nähkenntnissen besaß hatte ich während meiner neun Jahre auf der Waldorfschule gelernt, aber noch nie in meinem Leben hatte ich ein Schnittmuster erstellt. Ich wollte mehr als einmal das Handtuch werfen, im wahrsten Sinne des Wortes!
Mit Hilfe meiner Mutter war dann irgendwann der erste Schnitt fertig. Für die anderen beiden Größen (ich startete mit drei, heute sind es zehn) suchte ich mir über eine regionale Hundegruppe Hundemodels und bin um deren Geduld sehr dankbar! Auch die nächsten fünf Größen gingen mir nicht leicht von der Hand. Ohne meinen Mann, der mich nicht aufgeben ließ und meine Mutter die mir mit einer Engelsgeduld half, würde es heute wohl keine Lill’s Hundebademäntel geben. Erst seit wenigen Monaten haben wir eine Produktentwicklerin im Team, die als gelernte Maßschneiderin die Schnitte für die letzten beiden Größen erstellte. Ich denke, es wird auch nicht bei 10 Größen bleiben. Die Nachfrage vor allem bei sehr großen Hunden ist riesig und es gibt auch Hunderassen wie Dackel, Windhunde oder Bulldogen, die einen eigenen Schnitt benötigen.
Mit welchem finanziellen Investment musstest du an den Start gehen und wie hast du dich finanziert?
Den Start habe ich komplett aus eigener Tasche bewältigen können. Das Investment für die Perste Produktion lag im 5-stelligen Bereich, alles andere wie den Online Shop konnte ich selbst machen und war nicht auf externe Hilfe angewiesen, das ist heute noch ein klarer Vorteil. Ich weiß ja, was ein Marketing-Experte oder Website-Entwickler kostet. Die Kosten für Technik und Marketing unterschätzen sicher einige, das ist aber neben dem Produkt das wichtigste. Ich kenne viele Marken mit tollen Produkten, die leider fast niemand kennt, weil das Marketing fehlt.
Beschreibe uns die Umstellung für den Massenmarkt und nicht nur vereinzelnd Artikel zu produzieren. Wie bewältigst du heute die Produktion?
Nicht nur wegen meiner fehlenden Nähkenntnisse, war für mich von Beginn an klar, dass ich eine Näherei brauche, die auch große Mengen produzieren kann. Das Material, dass wir für die Hundebademäntel verwenden wird extra für uns hergestellt, das geht nicht für kleine Stückzahlen. Ich wollte aber auch keine halben Sachen machen, ich glaubte an mein Produkt und war bereit, das Risiko einzugehen auf einer Garage voll mit Hundebademänteln sitzen zu bleiben. Bis auf die Prototypen habe ich keinen Hundebademantel selbst genäht. Ich wusste welche Energie und Zeit ich in das Marketing stecken musste, da hätte ich nicht noch nähen können. Es war herausfordernd genug in den ersten Monaten selbst zu packen und mich um die Buchhaltung zu kümmern.
Lill’s war nie ein Hobby, ich war überzeugt vom Konzept, wusste um das Potential, hatte das nötige Marketing-Wissen und wollte mir selbst beweisen, dass das was ich meinen Kunden seit Jahren erzählte, zu Erfolg führt, wenn es richtig umgesetzt wird. Das heißt nicht, dass ich keine Zweifel hatte, aber für mich galt damals wie heute „ganz oder gar nicht“.
Credit: lills.store
Nachhaltigkeit spielt in deinem Business ja eine große Rolle. Wie schaffst du es dies zu gewährleisten und trotzdem unternehmerisch zu denken? Ist das für dich ein großer Spagat?
Oh ja, das ist nicht immer einfach. Vor allem zu Beginn war es verführerisch Ausnahmen zu machen und Produkte ins Sortiment aufzunehmen, mit denen ich mehr Gewinn hätte machen können. Alleine die Produktion der Hundebademäntel würde mich wohl weniger als die Hälfte kosten, würde ich in China oder Indien produzieren lassen. Aber ich blieb Konsequent und das macht heute den Erfolg von Lill’s aus, weil uns unsere Kunden vertrauen und wissen, dass wir den Nachhaltigkeits-Check für sie machen und „Green Washing“ Produkte für sie aussortieren.
Ich verbringe sehr viel Zeit damit Produkte und deren Produktion zu hinterfragen und bei unseren Eigenprodukten kommen wir immer wieder an den Punkt, an dem wir denken, dass lässt sich einfach nicht nachhaltig umsetzen, aber wir geben nicht auf und finden am Ende immer Lösungen. Eigentlich fängt immer genau da unsere Entwicklungsarbeit an. Wenn andere sagen „das geht nicht“ oder es einfach kein wirklich nachhaltiges Produkt gibt, machen wir es selbst. Viele Eigenprodukte entstehen, weil ich für meinen eigenen Hund etwas brauche und nichts Nachhaltiges finde.
Kausnacks & Leckerli die nicht aus Massentierhaltung kommen und nicht in Plastik verpackt sind, ist ein Beispiel dafür. Das gab es nicht, also haben wir es selbst in die Hand genommen und umgesetzt. Unsere Kunden verstehen warum so ein Produkt dann mehr kostet und wissen das Angebot zu schätzen. Es gibt aber auch Produkte, die wir noch nicht umsetzen konnten und Unternehmen deren Produkte wir nicht ins Sortiment aufnehmen können, weil wir zu wenig daran verdienen würden. Vor allem viele Kleinunternehmer, die tolle nachhaltige Produkte herstellen können, nicht oft an Händler verkaufen, weil sie ihre Preise nicht gut kalkuliert haben. Das ist schade, aber so sehr ich die Welt verändern und nachhaltiger Gestalten möchte, müssen wir und unsere Mitarbeiter auch davon leben können. Die Miete lässt sich nicht mit gutem Karma bezahlen, leider!
Du blogst ja auch regelmäßig auf Lills.blog. Wieviel Zeit schenkst du dem Blog und wie integrierst du ihn in deinen Businessalltag?
Der Blog ist ein wichtiger Bestandteil unseres Marketings und darum auch Teil meines Businessalltags. Er ist aber auch immer noch ein Herzens-Projekt, an dem ich viel Freude habe und ich wünschte, ich hätte noch mehr Zeit dafür! Der Blog ist heute eine Mischung aus Business und Hobby und vor allem der Instagram-Account des Blogs ist stark in meine Freizeit integriert. Auch die Artikel selbst schreibe ich in meiner Freizeit, wobei das Wort „Freizeit“ in der Selbständigkeit wohl auch mehr eine Floskel ist!
Rückblickend gesehen, hat sich dein Leben als Unternehmerin so herausgestellt wie du es dir zu Anfang vorgestellt hast?
Wir sind viel schneller gewachsen als wir dachten und sind erst vor vier Monaten nun zum dritten Mal in neue Geschäfts- und Lagerräume umgezogen. Auch das Team wächst ständig. Mein Mann und ich arbeiten Vollzeit für Lill’s, so wie ein Teil meiner Familie und weitere Mitarbeiter. Wir sind ein richtiges kleines Familienunternehmen geworden und rückblickend hätte ich wohl nicht gedacht das wir heute da sind, wo wir jetzt stehen. Ich würde sagen, meine Erwartungen wurden übertroffen und ich stehe jeden Tag mit Freude auf den Tag auf. Die Selbständigkeit muss man mögen, denn sie ist immer mit Sorgen und Zweifeln verbunden. Wer ein sicheres Einkommen braucht, um nachts gut schlafen zu können, sollte den Schritt wohl eher nicht gehen. Ich persönlich, könnte mir einen Alltag in Festanstellung nicht mehr vorstellen. Die Verantwortung und das Aufgeben von Sicherheit, wird mit maximaler Flexibilität und Freiheit belohnt.
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