„Die Jungs bringen mich dazu, Dinge auch abzuschließen und nicht bis zur Unendlichkeit zu perfektionieren.“

Anna Schubert, Mitgründerin von Haferkater

Credit: Ben Fuchs


Eigentlich wollte Anna Schubert nie selbstständig sein. In das Unternehmen Haferkater ist letztendlich nur durch Neugierde auf das, was noch kommen sollte eingestiegen. Mit ihren Businesspartnern hat sie seither ein gestandendes Foodkonzept entwickelt, dass mittlerweile schon an über 10 (Franchise-) Standorten Deutschlandweit köstliches Porridge anbietet, und das nach nur 6 Jahren im Business. Im Interview erzählt sie uns von ihrer Gründungsgeschichte und über den überraschenden Ansturm ihrer Porridgeprodukte.


Liebe Anna, Ihr habt zu dritt gegründet. Wo habt ihr euch kennengelernt und wer kam zuerst auf die Idee von Haferkater und wie seid ihr auf den Namen gekommen?

Levin kenne ich bereits seit 15 Jahren. Leandro habe ich während des Studiums in Strasbourg getroffen. Gemeinsam sind wir nach Berlin gezogen, wo zufälligerweise Levin auch gerade lebte. Dort fing Leandro an, das erste Konzept für Haferkater zu entwickeln.

Was macht deine Partner zu den besten Businesspartnern?

Wer weiß, wie toll andere wären – so viele Vergleiche habe ich ja nicht… Ich hätte damals auf keinen Fall alleine gegründet und eigentlich wollte ich auch überhaupt nicht gründen, sondern endlich mal mein Studium abschließen. Der Grund, weshalb ich dann an Bord war, ist wahrscheinlich die Neugierde auf das, was kommen würde. Der Reiz etwas Neues auszuprobieren. Diese Eigenschaft hat uns vereint. Das und die Bereitschaft, richtig viel zu arbeiten und niemals zu glauben, man könne sich auf den bisherigen Erfolgen ausruhen.

Die Jungs bringen mich dazu, Dinge auch abzuschließen und nicht bis zur Unendlichkeit zu perfektionieren. Für sie steht der Mensch im Mittelpunkt, sei es ein Mitarbeiter, ein Gast oder ein Lieferant. Und das ist auch mir das Wichtigste.

Wer kümmert sich bei euch um was?

Über die Jahre hat sich das immer wieder etwas angepasst, aber inzwischen teilen wir uns die Aufgaben ungefähr so auf:

Leandro steht hinter Expansion und Geschäftsentwicklung. Er baut außerdem mehr und mehr Controllingstrukturen auf und kümmert sich um deren Umsetzung. Ich bin für die Kommunikation zuständig, sowohl innerhalb des Unternehmens als auch zwischen Marke und Gast. Ich arbeite ständig am System, seiner Entwicklung und Optimierung und kümmere mich um das Design und den Ladenbau. Levin hat inzwischen das Projektmanagement für den Bereich Retail übernommen, der Launch ist im Herbst diesen Jahres. Vorher war er für Einkauf und Logistik verantwortlich.

Wir haben gelesen, ihr hattet zu Beginn zuerst den Laden, dann später erst den Businessplan. Führe uns bitte durch eure Gründungsphase.

Leandro hatte die Idee, wir fingen an wie wild Hafer zu quetschen und alle Trockenfrüchte dieser Welt durchzuprobieren und schon wenige Wochen später hielten wir den Ladenschlüssel in der Hand. Es blieb überhaupt keine Zeit für irgendeine Art Plan, da der Mietvertrag auch nur sechs Monate lief. (Im Endeffekt konnten wir aber vier Jahre bleiben, bis der erste kleine Haferkater abgerissen wurde.) Nach ungefähr einem Jahr, fürchterlich kalten und einsamen Wintermonaten, dem Gewinn des Gastro Gründerpreises und einer immer größeren Stammkundschaft haben wir uns dann die Zeit genommen, einen ersten Businessplan zu schreiben. Allerdings habe ich überhaupt keine Ahnung mehr, was da drin stand….

Wir haben in den ersten Monaten fast wöchentlich Neues ausprobiert, ganz viel in Frage gestellt, versucht von allen anderen zu lernen und alles immer besser zu machen. Es war eine heftige Zeit, da wir zu dritt alle Schichten gemacht haben und währenddessen entwickelt. Man ist zum Beispiel um 4:30 aufgestanden, war im 5:00 im Café, hat um 6:00 aufgemacht und bis 19:00 gearbeitet. Dann kam die ganze Entwicklung, Strategie etc. Um 23:00 sind wir ins Bett gewankt und ein paar Stunden später ging’s von vorne los. Nebenher haben wir noch in anderen Jobs gearbeitet (und mehr oder weniger studiert…). Zusammengefasst war es ein wahnsinnig intensives Jahr, das sehr wichtig für uns wahr – aber nochmal durchleben müsste ich es jetzt nicht unbedingt. 

Bereits 2015, ein Jahr nach der Gründung, habt ihr schon den Gastro-Gründerpreis abgeräumt. Das ist sehr bemerkenswert! Nehmt ihr euch im Gründerteam auch ab und an die Zeit euch dafür auf die Schultern zu klopfen und eure Erfolge bewusst zu feiern?

Sehr selten. Wir haben es in all den Jahren nicht einmal geschafft, einen Haferkater-Geburtstag zu feiern, was mich jedes Jahr aufs Neue ärgert. Wenn wir mal anstoßen, dann vor allem, weil wir das Team auch mit reinholen möchten. Aber in den meisten Fällen verschluckt der Alltag das Feiern von Erfolgen. Außerdem: Was heißt überhaupt Erfolg? Eigentlich bedeutet das für uns, einen Job zu haben, den man bis jetzt jeden einzelnen Tag seit Beginn gern gemacht hat, gemeinsam mit Menschen, die man wirklich gerne um sich hat und für Gäste, die sich immer wieder am Ergebnis freuen. Das ist präsenter als ein Preis und macht uns langfristig definitiv glücklicher.

In 2014 erst gegründet, seid ihr rasant gewachsen schaut heute schon bald auf 10 Locations Deutschlandweit. Wann wurde euch bewusst, dass euer Konzept solch exponentielle Expandierungspläne tragen wurde und noch mehrere Locations folgen sollten?

Das wurde uns klar, als wir nach dem Gewinn des Deutsche Bahn Accelerators unsere Pop Up-Phase im Hbf Berlin hatten und völlig überrannt wurden. Man selbst ist natürlich restlos vom eigenen Konzept überzeugt und geht davon aus, dass es sowieso die beste Idee der Welt ist, aber dass auch so viele Menschen aus der breiten Masse zu Gästen werden würden, hätten wir vorher nicht erwartet.

War euch damals bewusst, dass ihr mit diesem Konzept auf solch eine Goldgrube gestoßen seid?

Goldgrube klingt nach schnellem Gewinn ohne große Anstrengung. Wir haben uns immer reingehängt und werden das auch in Zukunft tun. Dass wie so viele Gäste haben, liegt einfach daran, dass das Produkt Sinn macht und alles außenherum viele Menschen anspricht.

Trotzdem gehört natürlich Glück dazu – zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, die richtigen Menschen kennenzulernen. Und davon kann man am Anfang nicht ausgehen, ist aber umso dankbarer, wenn es denn eintrifft!

Woran macht ihr fest, dass es wieder Zeit für einen neuen Standort wird?

Wenn wir eine Ausschreibung bekommen, die wir für relevant halten, nehmen wir daran teil. Und wenn ein potentieller Franchisenehmer uns einen Standort anbietet, der uns sinnvoll scheint, bewerben wir uns dafür. Somit bestimmt eher der Markt, wann es Zeit für etwas Neues wird.

Holt ihr euch dafür Investoren an Bord oder stemmt ihr das in Eigenfinanzierung?

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2017 hat Katjesgreenfood investiert, sie halten 20% der Anteile. Wir hatten außerdem eine Finanzierung über Crowdinvest und ein Bankdarlehen.  

In einem Interview habt ihr mal gesagt, dass es am kniffligsten für euch war, das Konzept nicht zu verwässern und nicht jedes Produkt, was euch gerade gefiel, mit ins Sortiment zu nehmen. Darin können sich sicherlich einige Gründer wiederfinden, denn gerade dann, wenn die Euphorie am größten ist, sprudeln auch die meisten Ideen. Was hat euch wieder auf den Boden der Tatsache und den Fokus zurückgeholt?

Als wir anfingen, standen bei uns auf der Karte Porridge, Specialty Coffee und Matcha. Das war’s. Unfassbar spitz und es gab damals fast niemanden, der alle drei Dinge kannte und auch noch kaufen wollte. Wir mussten erst lernen, dass Gäste im Sommer auch bei uns gerne mal eine frische Limonade trinken und trotzdem verstehen, dass Haferkater der Porridgeladen ist. Dann erreichten uns gefühlt täglich Limonaden- und Eissamples, alle nachhaltig produziert, zuckerfrei, vegan, laktosefrei, glutenfrei, frech und hip und wenn wir auch nur jede zehnte Marke ins Sortiment aufgenommen hätten, hätte die Kaffeemaschine mehreren Kühlschränken weichen müssen. Vielleicht hat uns ja sogar das davor bewahrt: Wir haben schon relativ früh angefangen, in Prozessen zu denken und versucht, die Produktion, Lagerung, Platzierung etc. mit einzuplanen. Und auch wenn die Umsetzung dieser Systeme teilweise noch Jahre gebraucht hat, hat es uns sicherlich davor bewahrt, das Sortiment explodieren zu lassen.

Credit: Ben Fuchs

Was war operativ bisher eure größte Herausforderung?

Kann ich gar nicht sagen. Es gab nie DIE eine Herausforderung, mit der alles stand oder fiel. Mitarbeiter sind immer ein großes Thema, einfach weil es Menschen sind und weil Menschen nie einfach sind. Außerdem waren es genau diese Menschen, die mich überhaupt in die Selbstständigkeit „getrieben“ haben. Ich habe selbst jahrelang schwarz für wenige Euros in der Stunde in Bars und Restaurants gejobbt und kannte vor Haferkater nicht einmal bezahlten Urlaub, selbst wenn ich damals schon 7 Jahre gearbeitet habe. Es war mir unfassbar wichtig, Haferkater von Anfang an ganz anders aufzubauen, viel nachhaltiger, auch im sozialen Bereich. Das zu gewährleisten, Menschen ein Arbeitsumfeld zu geben, in dem sie sich wohlfühlen, ist sicherlich eine Herausforderung. Vor allem, wenn die Gäste trotzdem nur 3,90€ für einen frischen Bio-Porridge zahlen sollen.

Wo seht ihr Haferkater in der größeren Vision?

Wir werden weiter expandieren, unter anderem über Franchise (aktuell werden vier der Standorte von Franchisenehmern betrieben). Hoffentlich bald auch über die Landesgrenzen hinaus. Außerdem starten wir mit einem Retailprodukt im Einzelhandel, damit auch alle, die nicht zufällig einen Haferkater in ihrem Bahnhof haben, in den Genuss des besten Porridges der Welt kommen! 

www.haferkater.com

@haferkater

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