Dr. Anabel Ternés von Hattburg,
Gründerin von GetYourWings
Anabel Ternès von Hattburg engagiert sich schon seit ihrer Kindheit für Umweltschutz, Menschen- und besonders Kinderrechte. Der Fluchthintergrund ihrer Familie konfrontierte sie früh mit Themen wie Menschenrecht und Diversity. So hat sie zum Beispiel zwei Jahre ehrenamtlich die PR für Amnesty International Berlin-Brandenburg geleitet, war Mentee für die Deutschlandstiftung Integration und Neue Deutsche Medienmacher, hat mit anderen Menschen zusammen den Think Tank für innovative Bildung BildungsLabOne gegründet und viele Veranstaltungen organisiert – zu den Themen Nachhaltigkeit, Diversity, Frauen Empowerment und Bildungsrechte für alle.
Seit 2016 fördert sie mit ihrem gemeinnützigen Startup GetYourWings, dem Lernraum für ZukunftsgestalterInnen unter dem Motto „Give digital future a responsible face“ Zukunftskompetenzen, nachhaltige und Medienkompetenzen. In den Lerneinheiten und mit mehrfach ausgezeichneten Online Lernspielen wie CODE AND SAFE THE PLANET wird vermittelt, wie man mit digitalen Tools umgeht und wie zugleich ein verantwortungsvoller Umgang mit diesen Medien, der Technik und der Umwelt aussieht. Persönlichkeitsentwicklung ist dabei auch immer ein Ziel von GetYourWings. Gerade wurde sie für ihre Verdienste in der digitalen Vermittlung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung mit dem Preis CEO eLearning of the Year 2022 ausgezeichnet.
Anabel, was hast du vor GetYourWings gemacht bzw. machst Du noch?
Nach meinem Studium habe ich einige Jahre Business Development für internationale Lifestyle Unternehmen verantwortet und dabei viel Auslandserfahrung gesammelt. Zusätzlich habe ich in mehreren Ländern StartUps mitgegründet, darunter in der Türkei. Ich spreche seit vielen Jahren auf Großveranstaltungen, leite das Berliner Institut für Nachhaltiges Management und halte eine Professur für Kommunikationsmanagement.
Wie kam es zu dem Konzept von GetYourWings?
GetYourWings ist aus einer Flüchtlingsinitiative heraus entstanden. Mit der Initiative Pro Flüchtling unterstützten wir Bildung, Weiterbildung und Jobintegration für geflüchtete Minderjährige, Erwachsene und Frauen mit Migrationshintergrund. Wir merkten dabei, dass wir die Menschen am besten über gemeinsames Kochen zusammenbringen konnten – hier kamen alle zusammen, tauschten sich aus über ihre Wünsche, Ängste und Bedürfnisse. Hier wurden auch sensible Themen wie Sexualität, Existenzangst oder Bedrohung diskutiert, über die einige Betroffene sonst wahrscheinlich nie gesprochen hätten.
Neben dem Zubereiten von Speisen merkten wir, dass es allen guttat, wenn sie Vorbilder hatten, sogenannte Role Models. Mithilfe von Kameraprofis brachten wir den Beteiligten bei, solche Role Models zu filmen, die in ihrem Leben schon Brüche und Rückschläge gehabt, sich aber immer wieder aufgerafft und neu orientiert hatten, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Filme, die dabei entstanden, bewegen auch heute noch jeden, der sie anschaut. Die ZuschauerInnen merken, dass im Leben nicht alles immer gelingen muss, sondern dass das Leben manchmal Umwege bereithält und dass man als Mensch gerade an diesen Umwegen wächst. Die Botschaft lautet, dass jeder Tag eine neue Chance in sich birgt, etwas Neues zu starten, mit dem man seinem Leben eine positive Richtung geben kann.
Wir vermittelten schon damals Zukunftskompetenzen in Workshops – und schon damals basierte das auf einer Verbindung von ganzheitlicher Gesundheit, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Uns war das noch zu wenig nachhaltig wirksam. Auf Bitte von Lehrkräften und GeschäftsführerInnen boten wir die ersten Workshops zu gesunder nachhaltiger Digitalisierung an Schulen und in Unternehmen an. Damit war GetYourWings geboren.
Heute haben wir auch eigene Angebote für die Jugendhilfe – während des Lockdowns beispielsweise haben wir mit Kick & Cook ein Angebot für Jugendliche entwickelt, bei dem sie unter Anleitung von Köchen in den damals leeren Restaurants kochten und sich dabei zu Nachhaltigkeit austauschten. Für unser Engagement wurden wir mit dem Beyond Crisis von Deutschland Land der Ideen ausgezeichnet und von Bundesligisten mit der Förderung #WeKickCorona unterstützt.
Warum ist es so wichtig, dass Kinder sich mit diesem Thema auseinandersetzen?
Kinder finden sich in der digitalen Welt unglaublich schnell zurecht, häufig schneller als Erwachsene. Dabei reflektieren sie den Umgang mit der Technik oft weniger als viele Erwachsene und sehen auch spezielle Gefahren, wie Internetsucht oder Cybermobbing erst einmal nicht. Häufig geht auch über den Spaß an digitalen Tools das Wissen oder der Umgang mit unserer natürlichen Umgebung verloren. Das umfasst Natur und Umwelt, aber auch die Kommunikation miteinander.
Wir sehen, wie es auch durch Studien bestätigt wird, dass viele Kinder schon im Grundschulalter oft keinen Bezug mehr haben zur Natur und zu Tieren, zum Zubereiten von Speisen, dem gemeinsamen Essen mit der Familie zu Hause. Auch sehen wir eine Tendenz zu immer reduzierteren Sozial- und Kommunikations-Kompetenzen auch durch Studien bestätigt, wie zum Beispiel eine verrohte vereinfachte Sprache in sozialen Medien oder auch eine verminderte Fähigkeit zum schriftlichen und mündlichen Ausdruck.
Hier gibt es großes Entwicklungspotenzial für neue Bildungsmodelle. Und damit meine ich nicht nur die Fähigkeit, digitale Tools versiert zu verwenden. Vielmehr geht es darum, dass Kinder Zukunftskompetenzen lernen – das beginnt bei Teamfähigkeit, Zeitmanagement und geht hin bis zum vernetzten Denken, Kreativität und Stressresistenz.
Dir liegen Kinder am Herzen. Welche Möglichkeiten, denkst Du, sollte Kindern geboten werden?
Zuallererst ist mir wichtig, dass jedes Kind den Zugang zu bester umfassender Bildung bekommt, die Chance, zu einer selbstbestimmten ZukunftsgestalterIn zu werden. Ich möchte, dass Kind jedes in seiner Potenzialentfaltung unterstützt wird, gefördert und gefordert wird.
Foto: Bettina Volke
Du hast in einem Interview mal gesagt „The things that make a good Executive are Attributes a Mompreneur has anyway”. Glaubst du, dass Mütter intuitiv schon das Zeug mitbringen, um als Unternehmerin erfolgreich zu sein?
In der Tat glaube ich, dass Mütter allein durch ihre Organisationsfähigkeit, ihr psychologisches Gespür und vieles andere, was im Alltag das Muttersein ausmacht, schon vieles mitbringen, was als Unternehmerin notwendig ist. Allerdings macht Muttersein allein noch keine erfolgreiche Unternehmerin aus. Dazu gehört noch einiges mehr: zum Beispiel der souveräne Umgang mit Zahlen, also betriebswirtschaftliches Wissen.
Du bist Sozialentrepreneurin und hast schon mehrere Unternehmen gegründet. Kann man dieses Bedürfnis, Ideen in die Welt zu tragen, mit dem Drang nach einem „ich kann nicht anders“ erklären?
Ich gestalte, bewege und bringe gern Dinge nach vorn. Und mir ist es wichtig meinen Anteil daran einzubringen, die Welt nachhaltiger zu machen – und selbst nachhaltig zu leben. Wenn ich ein Problem sehe, dann gehe ich es an und versuche es zu lösen. Daraus kann dann auch ein Geschäftsmodell werden.
Und wie organisierst du dich, um all diese Verbindlichkeiten zu managen und jedem Business gerecht zu werden?
Ich habe ein gutes Zeit- und Prioritätenmanagement. Das beginnt bei digitalen Tools, die mir bei der Organisation helfen. Dann habe ich einen gut strukturierten Kalender, auf den meine Mitarbeitenden Zugriff haben. So sehen sie gleich, wann ich wo bin, und wo sie Termine eintragen können, ohne lange Abstimmungsschleifen. Ich zentriere mich immer wieder, wenn ich mal zuviel auf dem Tisch habe. Um Kraft zu tanken hilft mir einigen – Natur, Workout, Meditation, Yoga, Kochen, schreiben, singen und ganz besonders auch meine Familie und meine Freunde.
Mein Team ist zudem eine tolle Unterstützung – jeder Mitarbeitende mit anderen Stärken und Schwächen, ich bin dankbar für diese großartigen Menschen. Wir bewegen zusammen viel.
Wie kann man sich deinen Tagesablauf vorstellen? Hast du eine bestimmte Tagesroutine, die dir hilft, organisiert zu bleiben?
Mein Tag beginnt zwischen 6:00 und 7:00 Uhr mit Sport, wie Yoga, Pilates. Danach nehme ich mir mit meiner Familie Zeit für ein gesundes Frühstück. Mein Smartphone hilft mir, meinen beruflichen Alltag zu organisieren. Bei Asana kann ich den Stand der Projekte prüfen, ich organisiere viel am Telefon und wir haben regelmäßig virtuelle Meetings. Mit meinem Laptop kann ich von überall aus arbeiten, das macht flexibel und ist gut für ein effektives Zeitmanagement.
Jeder Tag sieht etwas anders aus. Meistens habe ich ein paar interne und externe Meetings. Ich nehme mir zwischendurch Auszeiten, um Texte zu schreiben, Sachverhalte zu bewerten oder Konzepte auszuarbeiten. Regelmäßig stehen auch Mitarbeiterfeedbacks an. Zudem spreche ich oft auf Panels, .halte Keynotes auf Veranstaltungen oder gebe Workshops.
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