„Existenzängste sind ganz schlimme Ängste. Das können nur Leute nachvollziehen, die selbst erlebt haben, wie es ist, wenn man nachts mit Panikanfällen wach wird.“

Monika Keuchel, Gründerin von Aminata Kids

Credit: Monika Keuchel


Insolvent zu gehen nagt ziemlich an dem Selbstbewusstsein von Unternehmern. Das sagt auch Monika Keuchel, die schon selbst einige Unternehmen gegründet hat und mit einem auch unverhofft in die Insolvenz gerutscht ist. Themen, wie Scham, Selbstzweifel und Existenzängsten kommen da schnell auf den Tisch. In unserem Interview beschreibt sie diese Zeit, als eine schwere Zeit, zumal ihr ältester Sohn damals gerade drei Jahre alt war. Um über die Runden zu kommen, musste die Familie für kurze Zeit Geld vom Arbeitsamt beziehen, hatte kein Auto, kein Vermögen und auch sonst nichts mehr. Doch Monika und ihr Mann gaben nicht auf, und wagten es einige Zeit später erneut, fokussierten sich mit ihrem e-Commerce unternehmen auf Amazon und führten das Unternehmen zu einem Business mit 7-stelligen Jahresumsatz. Im Interview gibt sie uns spannende Einblicke in die wohl herausforderndste Zeit ihres Lebens.

Liebe Monika, 2002 hast du mit deinem Mann dein erstes Unternehmen gegründet und Comics und Fan-Artikel auf eBay verkauft. Wie kam es dazu?

Ich erinnere mich noch lebhaft an die allererste Vorlesung „BGB – Allgemeiner Teil“ im Oktober 1999. Ich saß im Hörsaal und dachte „Hier bin ich falsch“. Aber ich hatte keinen Plan von meinem Leben und war es von zu Hause gewohnt, immer alles fertig zu machen, was man einmal angefangen hat. Also dachte ich mir „Wenn ich einmal einen Schein nicht bestehe, höre ich auf“ – aber irgendwie lief doch alles auf ein Examen nach acht Semestern hinaus. Im sechsten Semester lernte ich meinen Mann kennen.

Er war leitender Angestellter bei McDonald´s und wollte aus dem Angestelltenverhältnis raus und ich gar nicht erst rein. Also war es der ideale Zeitpunkt, um gemeinsam etwas Neues zu beginnen. Wir überlegten, was uns Spaß machte und kamen schnell auf Comic und Merchandising Artikel, indem wir uns auf Messen umsahen und schnelle Erfolge mit Artikeln wir Simpsons-Tassen und Spongebob-Hausschuhen verbuchen konnten. Ebay war für uns damals die Plattform der Stunde. Recht schnell kam dann aber auch ein eigener Online Shop dazu und noch später ein eigenes Ladengeschäft.

Hattest du vorher schon irgendwelche Erfahrungen oder Ahnung, was es bedeutet ein Business zu führen?

Oh nein. Ich komme nicht aus einer Unternehmerfamilie und habe diesbezüglich überhaupt keine Vorkenntnisse gehabt. Durch mein Jurastudium hatte ich den Vorteil, dass mein Denken geschult war in „darf ich“ oder „Könnte problematisch sein“. Aber betriebswirtschaftlich hatte ich leider keine Kenntnisse und Fähigkeiten. Das war schon mühsam, sich das über die Jahre alles zu erarbeiten.

Euer Business wuchs schnell und rasant und ihr habt sogar ein eigenes Ladengeschäft eröffnet. Fühlt man sich irgendwo unbesiegbar bei solch einem Erfolg oder habt ihr das dennoch immer etwas nüchtern und realistisch betrachtet?

Ich bin von Natur aus immer ein nüchterner und kritischer – vor allem selbstkritischer – Mensch gewesen. Mein Mann hat immer groß gedacht und groß geträumt. „If you can dream it, you can do it!“ (Walt Disney). Über die Jahre habe ich das auch für mich übernehmen können. Denn wenn man nicht groß denken und träumen kann, erreicht man auch nicht so große Erfolge, als wenn man als Motto „the sky ist the limit“ hat.

Aber unbesiegbar haben wir uns nie gefühlt und fühlen uns auch nicht jetzt nicht so. Ich denke, wenn man das tut, wird man angreifbarer denn je zuvor! Aber klar, wenn man erfolgreich ist, passt man seine Lebensumstände an und gerade wenn alles wie am Schnürchen läuft, denkt man, es geht immer so weiter.

2008 kam dann die Finanzkrise und eure Firma scheiterte. Was war da los?

2008 war ein Jahr, wo es für uns nicht ganz so gut lief. Wir hatten viele Investitionen im Laden getätigt und viel Geld in andere Expansionsprojekte gesteckt. Dann kam die Bankenpleite und wir hatten alle unsere Konten bei der Hypovereinsbank. Das ist auch so ein Tipp, den ich heute anderen UnternehmerInnen gebe: Nie alle Konten bei derselben Bank! Jedenfalls bekamen wir nur einen Anruf, dass ein sicher geglaubter Kredit, den wir für die Warenfinanzierung des Weihnachtsgeschäftes benötigten, nicht ausgezahlt wird und wir innerhalb von kurzer Zeit den Dispositionskredit zurückführen mussten. Damit war das Weihnachtsgeschäft gestorben (wir hatten immer 2/3 des Jahresumsatzes im Viertel Quartal gemacht) und wir konnten Warenabnahmeverpflichtungen nicht nachkommen. Leider hatten wir auch keine Rücklagen und so brach das Kartenhaus ein. Im Nachhinein haben wir aus dieser Situation wahnsinnig viel für uns, fürs Leben und das nächste Unternehmen gelernt.

Insolvent zu gehen nagt ja auch ziemlich an dem Selbstbewusstsein und du sprichst auch selbst von Scham, Selbstzweifel und Existenzängsten. Was hat euch geholfen, durch diese schwierige Zeit durchzugehen und wieder neue Kraft zu schöpfen?

Ja, das stimmt, das war eine schwere Zeit, zumal unser ältester Sohn damals gerade drei Jahre alt war und wir uns das irgendwie anders vorgestellt hatten. Um über die Runden zu kommen, mussten wir für kurze Zeit Geld vom Arbeitsamt beziehen, hatten kein Auto, kein Vermögen und auch sonst nichts mehr. Das alles nagte natürlich am eigenen Selbstbewusstsein. Und Existenzängste sind ganz schlimme Ängste. Das können nur Leute nachvollziehen, die es selbst erlebt haben, wie es ist, wenn man nachts mit Panikanfällen wach wird.

Geholfen haben uns mehrere Dinge. Zum einen war es unsere Liebe, die diese Krise überstanden hat. Die erste Firma war irgendwie unser „erstes Baby“ und eine große Angst war, dass neben der Firma auch die Beziehung kaputt geht. Als dies nicht passiert ist, sondern uns enger zusammengeschweißt hat, hat das geholfen!

Zum anderen war tief drin der Glaube an uns selbst und unsere Fähigkeiten. Wir wussten, dass wir es schaffen können. In dieser Zeit haben wir viel über uns selbst gelernt und intensiv mit Persönlichkeitsbildung begonnen. Ich habe viele Biografien erfolgreicher Leute gelesen und fast ausnahmslos alle sind irgendwann in ihrem Leben richtig gescheitert bevor sie erfolgreich wurden. Das hat mir viel Kraft geben.

Aus einem Amerikaurlaub hatten wir von einem Besuch im Kennedy Space Center ein Mousepad mitgebracht. Auf diesem stand das Motto der Apollo13 Mission „Failure is not an option!“ – Aufgeben ist keine Option. Das haben wir zu unserem Motto gemacht und gebrauchen es noch heute, wenn mal etwas nicht so klappt wie erhofft. Das Mousepad gibt es immer noch! 

Schließlich hatten wir einen Mentor, der ebenfalls an uns geglaubt hat. In dieser Zeit wurde mir bewusst, dass ich später auch mal anderen Menschen helfen möchte, erfolgreich zu sein. Ich habe immer gedacht „Wenn ich es schaffe, möchte ich das später zurückgeben.“ Es hat dann zwar noch einige Jahre gedauert bis ich wirklich fühlte, dass das jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Aber das war sehr wichtig für mich damals, einfach jemanden an der Seite gehabt zu haben, der einen immer wieder motiviert und manchmal auch in den Hintern getreten hat.

Im Sport sehen wir das als ganz normal an, dass man einen Trainer hat, wenn man Tennis lernen möchte. Oder in der Musik. Da nehme ich ja auch Gitarrenstunden, wenn ich das Instrument erlernen möchte. Im Business aber verzichtet man darauf – oder bei Finanzthemen. Das ist mir dadurch klar geworden.

Trotz dieser dunklen Zeiten habt ihr erneut einen Versuch als Unternehmer gewagt auf Amazon gesetzt und seid wieder durchgestartet. Was war euer neues Konzept?

Unser neues Konzept bestand erstmal daraus, die alten Fehler nicht zu wiederholen. Wir haben uns auf nur eine Sache konzentriert. Und das war Amazon. Unser Konzept bestand zunächst darin, die Bestseller aus verschiedenen Kategorien ausfindig zu machen und diese bei den Lieferanten einzukaufen und dann wieder zu verkaufen. Das hat auch einige Jahre super erfolgreich funktioniert und wir konnten sehr schnell erst ein sechsstelliges und dann ein siebenstelliges Business aufbauen (Jahresumsatz!). Dann nahmen aber die Händler auf Amazon zu und Amazon selbst ging nach demselben System vor und setzte sich bei all unseren Topartikeln davor. Diesmal erkannten wir die Zeichen der Zeit jedoch früh genug und erfanden uns wieder neu. Wir fassten 2013 den Entschluss, eine eigene Marke aufzubauen, und zwar für Kinderbettwäsche. So wurde Aminata Kids geboren und seit 2014 entwickeln wir uns jedes Jahr weiter zu DER führenden Marke für Kinderbettwäsche in Deutschland. Auch hier haben wir uns wieder auf EINE Sache konzentriert: nur Kinderbettwäsche und nur auf Amazon. Das hat uns so erfolgreich gemacht!

Credit: Monika Keuchel

Wie bekommt man die Zuversicht zurück und legt die Angst vor einem erneuten Scheitern ab?

Die Zuversicht kam mit dem Erfolg zurück. Und mit der voranschreitenden Persönlichkeitsbildung. Angst ist ein ganz schlechter Ratgeber! Für Unternehmer sowieso. Ich denke, wenn man einmal das Schlimmste erlebt hat, was einem Unternehmer passieren kann, nämlich Insolvenz anzumelden, ist der Schrecken vorbei. Natürlich will man das nie wieder erleben, aber man weiß, dass sich die Welt weiter dreht. Man hat das erlebt und durchgestanden.

Du berätst heute auch externe Unternehmer in diesem Bereich. Welche Probleme tauchen hier immer und immer wieder bei deinen Kunden auf?

Ein großes Problem ist das Mindset. Ich arbeite ja nur mit Frauen und viele Frauen fühlen sich nicht gut genug und erkennen einfach nicht, was sie leisten! Für viele ist es ein Spagat zwischen Job und Familie – und ein Unternehmen zu führen, ist weit mehr als nur ein Job! Viele Frauen fühlen sich nicht wertgeschätzt und fühlen sich gar nicht richtig als Unternehmerin, obwohl sie Großes leisten. Und dadurch entstehen viele Selbstzweifel und das Nicht- Erkennen von großen Chancen! Ich befinde mich da oft in der Rolle als Impulsgeberin und Motivatorin. Gerade bei Frauen sehe ich leider auch immer noch oft ein komplett falsches Moneymindset, insbesondere eine falsche Einstellung zu Geld und Geld verdienen. Frauen trauen sich oft nicht, darüber zu reden. Das ist sehr schade!

Obwohl du so viele Jahre erfolgreich als Unternehmerin warst, die Schattenseiten mitgenommen hast und wirklich sehr gut verdient hast, beschreibst du dich selbst als ein Mensch, der eine miserable Einstellung zu Geld hatte. Was war hier das Problem? Wie hast du es gelöst und wie denkst du heute darüber?

Ich hatte einfach aus der Kindheit viele negative Glaubenssätze, was Geld angeht. Ich dachte immer, man muss besonders hart arbeiten, um Geld zu verdienen. Oder dass Geld schwer zu bekommen ist. Ich hatte da einfach – durch die Insolvenz bedingt – ein komplettes Mangeldenken. Und durch dieses Mangeldenken habe ich das Geld zusammengehalten und nicht investiert. Dadurch konnte es sich auch nicht vermehren.

Erst als ich für mich meine Geldblockaden lösen konnte, das Gesetz der Anziehung verstanden hatte und verifiziert hatte, dass Geld einfach Energie ist, dass ich investieren muss, um das Geld zu vermehren statt es festzuhalten, ist der Knoten geplatzt.

Ich habe mich in finanzieller Hinsicht extrem weitergebildet, viele Einkommensarten durchgespielt und auch viele Investitionsmöglichkeiten ausprobiert. Heute weiß ich, dass jede Frau Millionen verdienen kann (jeder Mann natürlich auch). Deshalb habe ich auch mein Coaching Programm „Eine von 100“ gegründet mit der Mission, dass ich bis 2025 mindestens 100 Frauen helfen möchte, ebenfalls finanziell unabhängig und frei zu werden und ihr Traumleben zu leben. Und dies nicht nur mit Geld manifestieren und so. Klar, das Mindset ist wirklich ein riesengroßer Meilenstein, aber ich bin niemand, der seinen Kundeninnen sagt: „Glaub mal fest dran, dann steht eine Schubkarre mit Geld vor der Tür!“ – vielleicht klappt das bei dem ein oder anderen tatsächlich, aber ich arbeite in meinem Coaching schon mit konkreten Handlungen und Umsetzungsstrategien.

www.monikakeuchel.de

www.aminata-kids.de

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